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Viel Lärm um Nichts

Tousart und Schwolow wechseln von Hertha zu Union. Leistner, ehemaliger Unioner, wechselt zu Hertha. Na und? Will man eigentlich sagen, aber es gibt natürlich, wie überall und immer im Leben, ein paar Idioten, denen das nicht passt. Sogenannte Fans, die geistig irregeleitet sind, bringen ein Schmähplakat gegen Leistner am Trainingsgelände von Hertha an. Großes Medienecho. Aber dass er beim offiziellen Schautraining vor mehreren tausend Zuschauern freundlichen Applaus erhielt, war natürlich keine Meldung wert. Ebenso wurden Tousart und Schwolow in Köpenick mit Beifall empfangen. Schmährufe wären für die Gazetten natürlich schöner gewesen, leider erfüllten ihnen die rotweißen Anhänger den geheimen Wunsch nicht.

Dass Tousarts Ablöse nur ca. 3 Millionen Euro betragen soll, ist natürlich ein Witz. Einer der stärksten Sechser der Liga würde auf einem normalen Markt sicher das dreifache generieren. Aber bei Hertha heißt die Devise: „Alles muss raus“, um die exorbitanten Gehälter einzusparen. Insofern hat auch der Deal mit Schwolow Sinn, der den Vertrag auflöste und ohne Abfindung ging. Natürlich wussten alle Beteiligten, dass er zu Union gehen würde. Herthas Vorteil: Zwei Jahre Gehalt gespart, was sicher zwei bis drei Millionen Euro ausmacht. Und eine Ablösesumme könnte man bei Schwolows mehr als durchwachsenen Leistungen (auch bei Gelsenkirchen) momentan kaum erwarten.

Schwolow und Tousart sind die Abgänge Nr. 12 und 13. Zuvor gingen Ascacibar, Alderete, Jovetic, Ejuke, Mittelstädt, Sunjic, Boetius, Boateng, Ngankam, Cigerci und Piatek. Das sind zusammen sicher 20 Millionen Jahresgehälter, die gespart werden (müssen).

Neu dazu stießen bisher Reese, Gersbeck, Gustav Christensen, Lucoqui, Palko Dardai, Prevljak, Leister, Dodziak und einige verliehene Rückkehrer wie Gechter, Winkler, Wollschläger etc. Einschließlich einiger junger Spieler, die wahrscheinlich überwiegend in der U 23 spielen werden, wie Maza, Eitschberger, Stange, Silva Kiala, Goller, Kwasigroch, Klemens, Bence Dardai und Strasner sind momentan noch 41 Spieler im Kader. Viel zu unübersichtlich.

Aber einige Ehemalige werden sicher noch gestrichen, wie Plattenhardt, Uremovic, Kenny, Kanga, Maolida und Lukebakio, vielleicht sogar Kempf, Rogel und Richter.

Bis zum 31. August kann und wird sich noch viel ändern. Leider. Denn die Wechsel nach Saisonbeginn sind eine unselige Zeiterscheinung, die schnellstens eliminiert gehört. Zwei Monate Transferfenster im Juni und Juli sind doch Stress genug für Manager und Fans. Aber mit Vernunft kann man im Fußballgeschäft nicht unbedingt rechnen…

Verpasste Chance

In der neuen Ausgabe der Zeitschrift „11 Freunde“ gibt es einen sechsseitigen Artikel, der im Inhaltsverzeichnis mit der Überschrift „Hertha macht Spaß“ angekündigt wird. Spaß und Hertha, das sind zwei Begriffe, die in den letzten Jahren, fast Jahrzehnten, nur selten zusammenpassten. Hier werden der gar nicht mehr so neue Präsident Kay Bernstein, der ewige Trainer Pal Dardai und die neue Identifikationsfigur Marius Gersbeck mit vielen Fotos und im Interview so sympathisch dargestellt, wie es sonst nur bei Freiburg, Werder Bremen und vielleicht noch Union der Fall ist.

Und kurz nach Redaktionsschluss prügelt sich Marius Gersbeck und katapultiert sich mit mächtigem Knall ins Abseits. Wie dumm kann man eigentlich mit Ende zwanzig sein? Die Karriere (und viele hunderttausend, wenn nicht Millionen Euro) aufs Spiel setzen, weil man eventuell provoziert wurde und sich nach einigen Getränken nicht mehr unter Kontrolle hatte?

Wenn irgend ein Vorgang „typisch Hertha“ ist, dann dieser. Immer wenn man meint, eine Abwärtsspirale gestoppt zu haben und der mühsamen Weg nach oben beginnt, passiert etwas Unvorhergesehenes, das die Arbeit von Wochen, Monaten, Jahren kaputt macht!

Von einer öffentlichen Entschuldigung Gersbecks beim Verprügelten und beim Verein hat man noch nichts gehört, vielleicht gibt es sie ja auf einem der vielen Kanäle, auf denen heute gerne kommuniziert wird.

Gersbeck ist suspensiert. Dem Vorstand ist dringend anzuraten, keine Kündigung auszusprechen, sondern ihn nach einer gewissen Zeit, unabhängig vom Gerichtsurteil, nach Zahlung einer happigen internen Geldstrafe (für soziale Zwecke), zu begnadigen und langsam in den Kader zurückzuführen. Eine zweite Chance hat jeder verdient. Es darf nicht so sein wie 1971, als Hertha als einziger Verein (im Gegensatz zu Gelsenkirchen, Stuttgart, Braunschweig und und und…) seine Skandalsünder alle entließ, worunter noch jahrzehntelang gelitten wurde und weshalb unter anderem auch die Plumpe einige Jahre später verkauft werden musste.

Strafe ja – Entlassung nein!

Zweiter Platz im Visier

In knapp zwei Wochen startet die neue Zweitligasaison und Hertha hat noch keine richtige Mannschaft!

Zwar ist man mit fast 30 Spielern ins Trainingslager nach Österreich gefahren, wer von denen aber noch wechselt, welche Spieler gegebenenfalls noch dazu stoßen: Alles ist unklar und gleicht einem Blick in die Glaskugel. Geht ein Richter (was schade wäre) oder wechselt ein Christensen (was auch schade, aber keine Katastrophe wäre)? Wer spielt im Mittelfeld, wenn Cigerci, Tousart und Boateng weg sind? Können das die Youngster schon? Man wird nach den ersten vier Spielen gegen Düsseldorf, Wiesbaden, HSV und Greuther Fürth sicher im Ansatz beurteilen können, wohin die Reise auf dem neuen Berliner Weg geht.

Intelligenterweise und mit der ihm eigenen Demut (früher wäre das bei der Beschreibung von Führungspersönlichkeiten beißende Ironie gewesen, hier stimmt es und ist ernst gemeint) hat Präsident Kay Bernstein den Aufstieg nicht als Saisonziel ausgegeben. Trotzdem darf man vermuten, dass sich niemand dagegen wehren würde, wenn Hertha oben mitspielt, und eine Rückkehr in die erste Liga so lange wie möglich erreichbar ist.

Wie viele Punkte benötigt man denn eigentlich zum direkten Aufstieg? In den letzten Jahren war im Kampf gegen den Abstieg immer die magische 40-Punkte-Grenze im Gespräch. Aber für den Aufstieg, sprich den 2.Platz?

Seit Einführung der 3-Punkte-Regel in der Saison 1995/96 benötigte man zwischen 55 und 67 Punkten (das ist immer ein Punkt mehr als der jeweilige Dritte erzielt hat) und im Durchschnitt der 28 Jahre genau 61 Punkte. Wenn man mit 67 Punkten auf der sicheren Seite sein will, müsste man bis zur Winterpause also ca. 33 Punkte holen, das wären 11 Siege bei 17 Spielen. Oder 10 Siege, drei Unentschieden bzw. 9 Siege, sechs Unentschieden bei nur noch zwei Niederlagen. Ganz schön ambitioniert. Wenn man sich die Niederlagen für die Auswärtsspiele beim HSV und in Gelsenkirchen aufheben will (was aber auch nicht sein muss, man kann da auch Unentschieden spielen und in Rostock, Paderborn oder Elversberg verlieren), sollte man beim Saisonstart in Düsseldorf mindestens einen Punkt holen und am 2. Spieltag gegen Wiesbaden gewinnen. Das wäre auch für`s Selbstvertrauen vor dem anschließenden schweren Gang zum HSV nötig. Aber wie gesagt: Hertha MUSS nicht aufstiegen. Nur einen Durchmarsch nach unten, wie jüngst in Bielefeld, wollen wir nicht erleben…

Interessantes Mittelfeld

Da waren es nur noch drei: Nach der Aktualisierung der Kaderübersicht bei Hertha gibt es, nachdem Kevin Prince Boatengs Name nicht mehr genannt wird, noch genau drei Mittelfeldspieler, mit denen Hertha die Zweitligasaison bestreiten will. Als da wären Lucas Tousart, Tolga Cigerci und Suat Serdar. Für die 2. Liga relativ hochwertig und hochpreisig besetzt. Dumm nur, dass alle drei Spieler auf der Verkaufsliste von Hertha stehen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Während Tolga Cigerci, der im Schnellgang den üblichen Weg eines Hertha-Profis durchlebte, nämlich stark anzufangen und dann systematisch schlechter zu werden, offenbar gerne in die Türkei zurück möchte, sieht die Sache bei Serdar und Tousart natürlich anders aus. Serdar, der genau den bei Cigerci beschriebenen Weg ging, zeigte kaum Identifikation mit Verein und Fans und wäre wahrscheinlich bei einer eventuellen Mission Aufstieg, bei der es auch um mentale Stärke und Kampfeswille (Dardai: “Männersport“) geht, fehl am Platze. Außerdem gilt bei ihm ebenfalls die alte Leier vom hohen Gehalt und einer akzeptablen Ablöse, die die finanzielle Situation Herthas verbessern könnte. Bei Tousart geht es allerdings nur ums Geld (hohes Gehalt, hohe mögliche Ablöse), da er sich doch im Laufe seiner 89 Spiele, in denen er für einen Sechser beachtliche 8 Tore in den letzten drei Spielzeiten erzielte, stetig verbesserte. Er wäre genau der Leader, den die Mannschaft bräuchte und der der Kopf einer denkbaren Achse Christensen (oder Gersbeck) – Tousart – Richter – Niederlechner wäre. Jedoch wird sein Verbleiben in Berlin wahrscheinlich nur der Traum eines unrealistisch denkenden Fans bleiben, der altmodische Ideen wie „Vereinstreue“ nicht völlig aus dem Kopf bekommt. Aber vielleicht arbeiten die Verantwortlichen ja daran, dass auch unrealistische Träume Realität werden können. Beispiele gibt`s genug. Viele Herthaner verließen den Verein auch nach dem Abstieg, zumindest in der Folgesaison, nicht, wie ganz früh Wolfgang Fahrian und viel später Raffael und Ramos. Selbst ein Gianluigi Buffon ging mit Juventus Turin in die Serie B. Warum sollte ähnliches nicht auch bei Tousart möglich sein? Vorausgesetzt, man erhält von anderen Spielern (Lukebakio…) hohe Ablösen und Tousart verzichtet auf Gehalt. Den Verzicht könnte man ja mit einer entsprechenden Aufstiegsprämie verrechnen…

Fakt jenseits aller Tagträume ist: Hertha steht ohne Mittelfeld da! Eine 5-0-5-Taktik wäre auch mal was revolutionäres. Alle Bälle lang nach vorne, wo sich fünf Stürmer um den Ball kümmern und ihn versenken…

Saisonrückblick bisserl anders

Es gibt ja Leute, die sagen, dass ein Abstieg auch reinigend wirken kann, wie ein Waldbrand, der Platz für Neues schafft. Andere sagen, dass es ja endlich Zeit wurde, nachdem man jahrelang um einen Abstieg gebettelt hatte, ob es Hertha oder vor fünf Jahren der HSV war.

Meiner Meinung nach ist nichts davon richtig, ein Abstieg ist immer blöd und wirft den Verein meist (nicht immer, siehe Werder im letzten Jahr) um Jahre zurück: viel weniger Einnahmen, völliger Neuaufbau des Kaders (was im konkreten Hertha-Fall wirklich mal ein Vorteil ist), Unsicherheit was die Zukunft angeht und und und…

Überflüssig war der Abstieg von Hertha sowieso, wenn wir die Spiele mal kurz rekapitulieren:

Am Ende fehlten genau 5 Punkte für die Relegation und sechs Punkte, um 14. zu werden, ein Tabellenplatz, den Hertha schon öfter in 40 Bundesliga-Jahren innehatte.

Zwei Punkte, wenn gegen Leverkusen der eindeutige Handelfmeter gepfiffen worden wäre. Fünf Punkte, wenn in Stuttgart, Mainz und zuhause gegen Bochum nicht ein Gegentor in der späten Nachspielzeit gefallen wäre (außerdem hätten dann Stuttgart zwei Punkte und Bochum einen Punkt weniger, was schon für die Abstiegs-Vermeidung ausgereicht hätte).

Und allen Experten und solchen die es sein wollen, die nur die Ergebnisse betrachten und nicht, wie diese zustande kamen, nochmal zur Erinnerung:

Hertha machte 10 wirklich schlechte Spiele, in denen keine Erstligareife und vor allem kein Wille die Klasse zu halten, gezeigt wurden, nämlich bis zur WM-Pause nur gegen Union (A) dann allerdings gegen Bochum (A), Wolfsburg (H), Frankfurt (A), Leverkusen (A), Hoffenheim (A), Gelsenkirchen (A), Bremen (H) und Köln (A).

Ordentlich, wenn auch mit nicht immer zufriedenstellenden Ergebnissen, spielte Hertha gegen Frankfurt (H), Dortmund (H), Augsburg (A), Freiburg (H), Bremen (A), Stuttgart (A), Union (H), Dortmund (A), Augsburg (H), Mainz (H), Bayern (A), Bochum (H) und Wolfsburg (A) (13 Mal).

Und elfmal zeigte Hertha starke bis sehr starke Spiele, auch wenn davon aus unterschiedlichsten Gründen etliche verloren gingen, wie gegen Mönchengladbach (A), Leverkusen (H), Mainz (A), Leipzig (A), Gelsenkirchen (H), Bayern (H), Köln (H), Mönchengladbach (H), Freiburg (A), Leipzig (H) und Stuttgart (H).

Alles in allem eine durchwachsene Bilanz, keineswegs jedoch eine Saison, in der man zwangsläufig als Letzter absteigen muss. Dass das auch das Publikum so sah, zeigt der mit über 53.000 beste Zuschauerschnitt in der mittlerweile 131-jährigen Geschichte von Hertha BSC.

Bei Hertha wird gespart

Dass bei Hertha gespart werden muss, ist unstrittig. Der gar nicht mehr so neue Vorstand hat als Ziel ausgegeben zur Saison 2024/25 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Wie er das erreichen will steht in den Sternen. Vielleicht kann er ja, wie es die Bundesregierung neuerdings gerne macht, ein Sondervermögen einrichten, vielleicht mit dem schönen Namen „Blau-weißer Aufstieg“ oder „Champions-League – jetzt kommen wir wirklich“ oder auch gerne „Unionjäger“. Da das momentan unrealistisch erscheint, kann man ja schon mal bei den Dingen anfangen, die wirklich viel Geld bringen, bzw., Ausgaben reduzieren, was ja auf`s Gleiche rauskommt. Spieler mit irrsinnigen Gehältern von der Gehaltsliste zu streichen, scheint eine gute Idee zu sein. Leider hat der Spargott davor die Einhaltung von Verträgen gesetzt. Und wenn man bis 2026 an unfähige oder unwillige Spieler jedes Jahr vier Millionen zahlen muss und der Spieler macht, was jeder machen würde, der den Jackpot im Lotto geknackt hat, nämlich auf Einhaltung des Vertrages bestehen, dann bleibt nur der Verkauf, was aber auch nur mit Zustimmung des Spielers funktioniert. Bisher scheint dies nur bei Maxi Mittelstädt und den schon vorher verliehenen Ascacibar und Alderete geklappt zu haben. Alle anderen Spieler scheinen noch unter Vertrag zu stehen und diesen gegebenenfalls aussitzen zu wollen. Zumindest scheint dies Fakt zu sein, wenn man auf der Hertha-Website unter der Rubrik „Teams“- „Profis“ – „Kader“ nachschaut. Da sind sie alle noch versammelt, die bei Hertha mal eine Rolle gespielt haben, sei sie gut (Rune Jarstein) oder schlecht (Ivan Sunjic) gewesen. Auch Jean-Paul Boetius, der nach dem Erhalt von 1,7 Millionen Jahresgehalt für Nichts seine Ausstiegsklausel zog, sowie Stefan Jovetic und Chidera Ejuke, die beide schon verabschiedet wurden, sind noch in der Kaderübersicht enthalten.

Es kann sein, dass dieser scheinbar schlecht oder gar nicht gepflegte Teil der Website aus rechtlichen Gründen diese Spieler auflistet, da die Saison offiziell bis zum 30.6. läuft. Es ist aber genauso gut möglich, dass der zuständige Mitarbeiter, wie so viele, dem Rotstift zum Opfer fiel, nach dem Motto „Kleinvieh macht auch Mist“. Besser für den Verein, und damit für uns alle, wäre es, wenn in Zukunft die Anzahl der höchstbezahlten Luschen gegen Null streben würde, womit auch wieder Gelder für die notwendige Verwaltungsarbeit frei werden würden. Das Kündigen im Rundumschlag (Pablo Thiam, Mediensprecher…) scheint nicht immer zielführend zu sein, das Zerschlagen von Porzellan ist dagegen gesichert.

Am 1.7. werde ich auf der Website nachsehen, ob dann der neue Kader, soweit während der laufenden Transferperiode bereits absehbar, realistisch dargestellt wird…

Vorfreude auf die Zweitligasaison

Die Lizenz ist da! Selten hat man sich so auf eine Saison in der Zweiten Bundesliga gefreut, wie in diesem Jahr. Offenbar hat der neue Vorstand doch nicht alles falsch gemacht, wie uns besserwissende Journalisten und U-Boote des alten Vorstandes weismachen wollten. Aber vom eigenen Versagen kann man schließlich gut ablenken, wenn die Nachfolger auch (geerbte) Probleme haben.

Dass der Aufstieg kein Selbstläufer wird, ist jedem klar, der ein winziges Gespür für die Realität hat. Der „Berliner Weg“, der aufgrund der doppelten finanziellen Misere (Mindereinnahmen durch Abstieg, Schuldenberg als Hinterlassenschaft der ehemaligen Verantwortlichen) zwangsweise beschritten werden muss, ist keineswegs ein Garant für den sportlichen Erfolg. Aber da wir ja wissen, dass Mentalität (also Identifikation mit Verein und Stadt) die Qualität oft besiegt, muss man auch nicht allzu pessimistisch sein.

Und dass die Qualität in der 2. Liga so groß wie nie sein dürfte, beweist schon folgende statistische Spielerei:

Von den 16 Gründungsmitgliedern der Bundesliga 1963 spielen noch genau fünf in der ersten Liga, nämlich Dortmund, Frankfurt, Köln, Werder und der VfB Stuttgart.

In der 2. Liga hingegen spielen sieben Gründungsmitglieder: Braunschweig, Nürnberg, Kaiserslautern, Karlsruhe, HSV, Schalke und Hertha!

Die vier restlichen, als da wären Saarbrücken, 1860 München, MSV Duisburg (ex-Meidericher SV) und Preußen Münster (gerade aufgestiegen) vergnügen sich in Liga 3 und versuchen an alte Zeiten anzuknüpfen!

Der traditionsbewusste Fußballfan, und das sind erstaunlicher Weise vor allem junge Leute bei den Ultras, würde natürlich gerne die Vereine, die zur eigentlichen DNA der Bundesliga gehören, wie die Traditionsvereine Hertha, HSV, Schalke, Kaiserslautern oder Nürnberg, in der ersten Liga sehen, als RB Leipzig, Bayer Leverkusen oder VW Wolfsburg und SAP Hoffenheim. Aber man kann nicht alles haben und sechzig Jahre sind eine lange Zeit, in der auch Tastentelefone, Farbfernsehen und Telefonkarten erfunden wurden. Und ehe man zu heulen anfängt, könnte man einfach sagen:

Alles ändert sich…doch eins bleibt bestehn – die blau-weiße Hertha wird nie untergehn…

Hertha und die Lizenz

Ein sogenannter rbb-Recherche-Reporter brachte mich heute Morgen an den Rand des Wahnsinns. Er legte erst sachlich die Probleme dar, die Hertha bei der diesjährigen Lizenz-Erteilungs-Spielrunde hat. Der Vorstand ist wohl optimistisch, das Hauptproblem, die im November fällige Rückzahlung der 40-Millionen-Anleihe um zwei Jahre zu verschieben, zu lösen. Hinweis darauf, dass das nicht völlig unrealistisch ist, ist auch die Vertragsverlängerung mit Trainer Pal Dardai. Zum Ende seines Vortrags verstieg sich der Journalist jedoch wahrhaftig zu der Behauptung, dass der derzeitige Vorstand „überfordert“ mit den Gegebenheiten der Lizenzierung sei. Natürlich, eine geordnete Übergabe von Gegenbauer-Schiller hat es nicht gegeben. Und Ex-Finanzchef Schiller, der in den letzten zwanzig Jahren die Lizenzerteilung stets mehr oder weniger problemlos durchsetzte, wird schon gewusst haben, weshalb er vor einem Jahr die Flucht ergriff. Er war es doch schließlich, der die 375 Windhorst-Millionen verbrannt, bzw. kein Veto dagegen eingelegt hatte. Ein seriöser Finanzchef hätte damals seinen Rücktritt erklärt, oder diesen angedroht und nicht als alles Porzellan, das im weiten Umkreis zu finden war, zerschlagen war. Er, der immer schon durch Intransparenz auf Mitgliederversammlungen glänzte, der nie genau darlegte, wofür die Millionen ausgegeben wurden, der immer alte Schulden durch neue abdeckte, der nie einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen konnte: Ausgerechnet Schiller unterschwellig als fähigen Finanzmann darzustellen und den jetzigen, alleingelassenen Vorstand als unfähig zu diskreditieren, ist einfach nur schäbig. Der jetzige Vorstand unter Bernstein tut alles, soweit man das als einfaches Mitglied aus der Distanz beurteilen kann, um die Fehler der Vergangenheit ( die ehrlich gesagt schon mindestens 60 Jahre währt) langsam aber sicher auf- und abzuarbeiten. Dazu gehört zuerst natürlich die gewaltige Senkung der Ausgaben, die nach dem Abstieg in Liga 2 sowieso durchgeführt worden wäre. Zusätzlich aber müssen die Ausgaben gesenkt werden, um, wie geplant, in zwei Jahren endlich und eigentlich erstmals seit Menschengedenken einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren. Ob das gelingt steht in den Sternen. Dass man sich finanztechnische Expertise ins Boot holen muss, ist unvermeidlich. Aber bitte keine Trickser und Täuscher. Davon gab es in Herthas Vergangenheit schon genug…

P.S.: Wenn Hertha die Lizenz nicht erhalten sollte, hielte sich die Überraschung in Grenzen. DFB, DFL: Alles eine Soße! Bei Hertha darf man schon mal ein Exempel statuieren. Da könnte ja jeder kommen! Und Schalke 04? Denen könnte man als Trost für Herthas Absturz in Klasse 4 doch durch Aufstockung der Liga auf 20 Vereine einen Erstligastartplatz als Wildcard-Gewinner schenken…

Herthas Bundesliga-Jahrzehnte

Sechzig satte Jahre ist es her, dass die Bundesliga in ihre erste Saison ging. Bayern München hat seither 58 Jahre im Oberhaus bestritten. Nur 58, weil sie im ersten Jahr 1860 München den Vortritt lassen mussten und im zweiten Jahr in der Aufstiegsrunde an ihrer Arroganz gescheitert sind, und, schon scheinbar in der Liga angekommen, sich von Tasmania Berlin mit 3:0 das Fell über die Ohren ziehen ließen.

Ebenso war Werder Bremen 58 Jahre dabei, während es die gute alte Tante Hertha auf 40 Erstligajahre brachte. Das ergibt einen schönen 12 Platz in der ewigen Tabelle, bedeutet aber auch, dass der geplagte Hertha-Anhänger 20 Jahre in den Niederungen der Zweit- oder gar Drittklassigkeit durchhalten musste. Auffällig ist, dass es Hertha nie schaffte, „endgültig“ in der Liga zu bleiben, sondern nach 12 Jahren (1968 – 1980), 13 Jahren (1997 – 2010) oder 10 Jahren (2013 – 2023) die Liga in Richtung Süden verlassen musste. Letztgenannte Zahl ist zwar streng wissenschaftlich noch nicht gesichert, kann aber als gegeben vorausgesetzt werden.

Nachdem Hertha in den beiden ersten Bundesliga-Jahren den Abstieg vermeiden konnte und Strafversetzt wurde, verbrachte man 18 Jahre in der zweiten Liga, die zuerst Regionalliga Berlin hieß (1965 – 1968), dann 2. Liga Nord (1980 /81), (Eingleisige) 2. Liga (1981/82, 1983 – 1986, 1988 – 1990, 1991 – 1997, 2010/11 und 2012/13) und sogar zwei Jahre in der dritten Spielklasse (Amateuroberliga Berlin) 1986 – 1988. Dazwischen gab es immer wieder einjährige, äußerst frustrierende Gastspiele im Oberhaus.

Ein Auf und Ab, dass dem Charakter des Vereins, nie zur Ruhe zu kommen, voll und ganz entspricht. Und wenn man sich konsolidiert hatte (Champions-League-Teilnahme!!!) gab es mit Sicherheit interne Querelen oder finanzielle Wahnsinnsaktionen, die im Nachklang zu Sparzwängen, Spielerverkäufen und Leistungsabfall führten.

Und als man im Geld schwamm, nachdem Windhorst 375 Millionen in den Verein pumpte, vervielfachte man die Fehler und verbrannte das Geld, um hinterher wieder als arme Kirchenmaus dazustehen.

Wie viel einfacher wäre doch das Leben, wenn man Bayern-München-Anhänger wäre. Aber allein der Gedanke daran, lässt einen erschauern. Dann doch lieber Herthaner…

Zwei Spiele – Zwei Siege

Die auf der Reise in der Papenburger Kirche entzündete Kerze, verbunden mit der Bitte um göttlichen Beistand im Spiel gegen Köln, hat sich als katastrophaler Fehlschlag erwiesen. Pal Dardais Parole „Vier Spiele – Vier Siege“ ist nach dem zweiten Versuch nichts als Makulatur. Die neue Devise kann also nur noch „Zwei Spiel – Zwei Siege“ lauten, auch wenn die Wahrscheinlichkeit, ob ihre Erfüllung reichen würde, gegen Null strebt.

Es gibt noch acht Spiele, die für den Tabellenkeller relevant sind:

Stuttgart – Leverkusen

Schalke – Frankfurt

Hertha – Bochum

Mainz – Stuttgart

Wolfsburg – Hertha

Bochum – Leverkusen

Stuttgart – Hoffenheim

Leipzig – Schalke

Voraussetzung für ein Erreichen der Relegation oder gar des 15. Platzes wäre, dass Hertha beide Spiele gewönne und dann 31 Punkte hätte. Stuttgart dürfte dann nur noch zwei Punkte (aus drei Spielen) holen, da sie das klar bessere und nicht aufholbare Torverhältnis gegenüber Hertha haben (-15 zu -28). Schalke dürfte noch einen Punkt und Bochum gar keinen Punkt mehr holen, wären dann auch bei 31 Punkten, Hertha hat aber mit Sicherheit das bessere Torverhältnis (momentan: Schalke -34 und Bochum -35).

Leverkusen muss also Stuttgart und Bochum schlagen (erscheint möglich), Bochum müsste bei Hertha (sowieso) und gegen Leverkusen (siehe oben) verlieren (nicht unmöglich) und Schalke kann durchaus in Leipzig verlieren und die launische Diva aus Frankfurt müsste endlich mal wieder (gegen Schalke) gewinnen. Auch das ist nicht ausgeschlossen. Wenn Stuttgart noch in den Derbys gegen Mainz und Hoffenheim verlöre, wäre Hertha gerettet.

Aber dass ALLE acht Spiele wie von Zecke Neuendorf gemalt ausgehen, erscheint so unglaubwürdig, wie ein ausgeglichener Hertha-Haushalt im nächsten Jahr. Apropos: Selbst wenn der Fußball-Gott doch noch ein Einsehen hat, und alle Spiele „korrekt“ enden, ist die Lizenz für die 1. Bundesliga wegen der desaströsen Finanzlage bei Hertha noch längst nicht in trockenen Tüchern…