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Gersbecks zweite Chance

Schade, dass Mario Gersbeck kein sächsischer Neonazi ist. Dann könnte man bei seiner Gerichtsverhandlung wegen schwerer Körperverletzung auf Nachsicht des Richters hoffen, weil schließlich durchaus denkbar ist, dass er von seinem Gegner provoziert, vielleicht sogar angegriffen wurde und er sich nur verteidigt hat. Außerdem ist die Schuldfähigkeit durch übermäßigen Alkoholgenuss sowieso fraglich. Und mit der Polizei hatte er vorher nie etwas zu tun. Und dass jungen Leuten mal die Hand ausrutscht, hat es schließlich schon immer gegeben und, und, und. Aber leider ist Gersbeck kein Neonazi, der die volle Gnade eines einäugigen Gerichts zu spüren bekommt, sondern ein (in dieser Situation) dummer Fußballer, der sich im Vollsuff nicht kontrollieren konnte. Und deshalb gehört er auch bestraft. Und zwar sollte es eine empfindliche Geldstrafe geben (mit dem Geschädigten hat er sich ja wohl, wenn man Meldungen glauben darf, ebenfalls auf ein angemessenes Schmerzensgeld geeinigt). Alles andere erscheint, ohne den Fall bis ins Letzte zu kennen, unangemessen.

Und was macht Hertha? Präsident Bernstein ist, wie man hört, für eine baldige Begnadigung. Andere Vorstandsmitglieder sind für eine Kündigung, was natürlich sofort die nächste (fünfte?) Klage vor dem Arbeitsgericht gegen Hertha zur Folge hätte. Der gesunde Menschenverstand, auch wenn man bei diesem Begriff sehr vorsichtig sein sollte, sagt doch, dass ein immer noch junger Mann für einen einmaligen Ausrutscher nicht sein Leben lang büßen sollte. Und darum handelt es sich ja wohl, wenn ihm eine noch mehrjährige Profikarriere verwehrt wird.

Präzedenzfälle gab es einige in der Geschichte der Bundesliga. Weltmeister Helmut Rahn fuhr mit seinem Auto im Suff in eine Baugrube, leistete Widerstand gegen die Polizisten und wurde festgenommen, um trotzdem ein Jahr später unter dem ach so gestrengen Sepp Herberger bei der WM 1958 in Schweden zu brillieren. Später saß er als Wiederholungstäter vier Wochen im Gefängnis und durfte dennoch am Abend seiner großen Karriere noch zwei Bundesligaspielzeiten beim Meidericher SV (MSV Duisburg) spielen. 1860 Münchens Rudi Brunnenmeier saß wegen einer „zünftigen“ Wirtshausschlägerei zwei Wochen im Gefängnis, was ihn nicht daran hinderte, später im stolzen Dress der deutschen Nationalmannschaft unter dem moralisch untadeligen Helmut Schön aufzulaufen.

Der Vorstand von Hertha sollte nicht päpstlicher als der Papst sein und Gersbeck nach zeigen der vereinsinternen gelbroten Karte begnadigen, nicht ohne eine empfindliche Geldstrafe (im Idealfall für soziale Zwecke) auszusprechen. Das Schädigen des eigenen Vereins im Zuge des Skandals von 1971 ist bei den etwas gesetzteren Anhängern noch in allerschlechtester Erinnerung. Groß, Steffenhagen, Patzke und der Rest der Mannschaft, die gegen Bielefeld verlor, wurden nach ihren Sperren aussortiert. Kein anderer Verein hat das gemacht. Die negativen Folgen sind bis heute zu spüren…

Dardais Weihnachtswunsch

Fünf – vier- drei- drei. Das ist keine Telefonvorwahlnummer, sondern ist die Anzahl der geschossenen Tore von Hertha in den letzten vier Spielen. Nun gut, in Magdeburg hat man zwar vier Tore geschossen, aber ohne Abwehr auch sechs kassiert, in den drei anderen Spielen reichten die Tore aber, dank gefestigter (keineswegs fehlerfreier) Abwehrleistungen, jeweils zum Sieg. Dass in Kiel nach souveräner erster Halbzeit, die eines Aufstiegsanwärters würdig war, durch zehn Minuten Konzentrationsschwäche nach der Halbzeitpause der Sieg noch fast aus der Hand gegeben wurde, zeigt, dass die Mannschaft noch nicht vollständig gefestigt ist. Immerhin konnte sie das Spiel wieder an sich ziehen und zum Schluss verdient, wenn auch mit Hilfe von zwei Elfmetern (beide berechtigt), gewinnen. Unfassbar, dass ein junger Mann wie Scherhandt, der doch ein selbsternannter Erstligaspieler ist, den Ball bei einem Konter in der Nachspielzeit aus 20 Metern am leeren Tor vorbeischiebt. Die Fußhaltung zeigte eher in Richtung Eckfahne als mittig aufs Tor. Alles nochmal gut gegangen. In der vorigen Saison wäre nach diesem Blackout mit Sicherheit noch der Ausgleich gefallen.

So könnte der Weihnachtswunsch von Trainer Dardai, nach der Hinrunde sich im Idealfall noch in Sichtweite der Aufstiegsplätze zu befinden, doch noch Wirklichkeit werden, liegt man doch momentan zehn Spieltage vor Ende der Hinrunde nur vier Punkte hinter dem Zweiten St. Pauli. Und eben diese St. Paulianer kommen am nächsten Sonnabend zum Flutlichtspiel ins Olympiastadion. Da könnte es, auch dank angekündigter großer Fanbegleitung aus Hamburg, mal wieder ein volles Haus geben. Wer hätte das nach dem 0:3 beim HSV, als Hertha auf dem letzten Platz lag, gedacht…

Herthas überflüssige Rekorde

Wenn Hertha BSC einen 36-jährigen Spieler verpflichtet hätte, würde die gesamte Fußballgemeinde samt dazugehöriger Presseschaffender nicht zu Unrecht von einem schlechten Witz reden. Bei Union dagegen wird über den Zugang von Bonucci, der bei Juventus wohl nicht mehr erste Wahl war, ehrfürchtig gestaunt. Allerdings muss man den Köpenickern zugute halten, dass ihre Transfers in den letzten fünf Jahren sich oft als Volltreffer erwiesen haben (nicht alle, siehe Öztunali etc.), was man von Hertha nun wahrlich nicht behaupten kann. Die meisten Zugänge aus der letzten Schaffensperiode von Michael Preetz und der unseligen Zeit des Kontinuitäts-Weltmeisters Bobic haben den Verein schon wieder verlassen, weil sie entweder zu teuer sind oder sich als unfähig erwiesen haben (Lee, Maolida, Boetius…). Folge der Misswirtschaft und des daraus resultierenden Abstiegs war ein nie dagewesener Umbau des Kaders, der den bei früheren Abstiegen bei weitem in den Schatten stellt.

21 (!!!) Spieler gingen (z.T. waren sie schon ausgeliehen): Ascacibar, Alderete, Jovetic, Ejuke, Mittelstädt, Sunjic, Boetius, Boateng, Ngangkam, Cigerci, Piatek, Tousart, Schwolow, Kanga, Plattenhardt, Christensen, Uremovic, Lukebakio, Serdar, Richter und Eitschberger.

Neu wurden 12 Spieler verpflichtet: Reese, Gersbeck, Gustav Christensen, Bouchalakis, Hussein, Karbownik, Dudziak, Leistner, Prevljak, Palko Dardai, Lucoqui und Tabakovic.

Dazu kamen 16 Spieler, die verliehen waren oder aus der U 23 bzw. der A-Jugend kommen: Gechter, Winkler, Maza, Klemens, Stange, Silva-Kiala, Zeefuik, Kwasigroch, Galler, Rölke, Strasner, Bence Dardai, Aksakal, Wollschläger und Kesik.

Aus dem Abstiegskader blieben nur Niederlechner, Scherhandt, Marton Dardai, Pekarik, Ernst, Kempf, Rogel, Kenny sowie Maolida und der Dauerverletzte Nsona, der noch nicht ein einziges Mal im Kader stand, jetzt aber, nach über einem Jahr, in der U 23 aufgebaut werden soll.

Wenn man konservativ rechnet (21 plus 12) schlagen 33 Spielerbewegungen zu Buche. Nimmt man die 16 Nachwuchs-/Leihspieler dazu hat es Hertha auf den sicher einmaligen Rekord von 49 Transfers gebracht.

Welche eine Arbeit, die vor allem Benjamin Weber da vollbracht hat. Mit Sicherheit werden durch die 21 Abgänge um die 40 Millionen € an Gehältern gespart, dazu kommen ca. 25 Millionen € Ablösesummen. Die neuen Spieler kosten hoffentlich nur um die 10 Millionen pro Jahr bei etwa 5 Millionen Gesamtablöse. Wirtschaftlich absolut nötig, ob es sportlich akzeptabel sein wird, steht in den Sternen. Man weiß noch nicht so recht, was man von der Mannschaft halten soll. Unglücklichen Niederlagen in Düsseldorf und gegen Wiesbaden folgte ein hoher Pokalsieg in Jena um danach gegen den HSV wieder einzubrechen. Nach dem souveränen 5:0 gegen Fürth verliert man in Magdeburg mit 4:6. Noch nie hat eine Mannschaft in der zweiten Liga ein Spiel verloren, nachdem sie viermal in Führung lag! Ein weiterer Rekord der Hertha, auf den man gut und gerne hätte verzichten können.

Aber wenn die Qualität sich als nicht ausreichend herausstellen sollte, kann man in der Wintertransferperiode ja noch das eine oder andere Dutzend Spieler verpflichten…

Kann nichts schiefgehen…

Zum Mittagessen spielt Hertha am Sonnabend in Jena in der ersten DFB-Pokal-Runde. Hoffentlich bleibt dem blauweißen Anhänger nicht die Boulette im Halse stecken. Jena ist in der Regionalliga, das ist übrigens die 4. Liga (5 Staffeln) mit zwei Unentschieden in die neue Saison gestartet. Genau der richtige Gegner für Hertha, um in der ersten Runde wieder mal zu scheitern. Denn der Abstand von der 2. zur 4. Liga ist genauso groß wie der von der 1. zur 3. Liga. Und man erinnert sich ja wohl hoffentlich, wie oft Hertha gegen Drittligisten wie Braunschweig, St. Pauli, Worms und wie sie alle hießen, ausgeschieden ist. Dazu kommt natürlich die Tatsache, dass es sich für Jena um das Spiel des Jahres handelt, denn Hertha hat schließlich noch, warum auch immer, einen großen Namen. Außerdem hat sich die Mannschaft in der Liga, trotz guter Ansätze, noch nicht gefunden. Kein Wunder, wenn der Spielbetrieb mitten in der Transferperiode beginnt.

Apropos Transferperiode: Herthas Verantwortliche, das sind ja wohl die Herren Weber, Herrich, Bernstein, Zecke Neuendorf und Pal Dardai, scheinen einen neuen Rekord aufstellen zu wollen. Nachdem aus dem vorjährigen Kader 15 Spieler den Verein verlassen haben (und einige wie Lukebakio und Serdar, eventuell auch Richter und Kempf, von Maolida, Rogel und Kenny gar nicht zu sprechen, werden noch gehen) und 15 bis 20 Spieler, je nachdem ob man verliehene Spieler, die in die blauweiße Familie zurückkamen und Jugendspieler, die einen Vertrag unterschrieben, obwohl sie wohl erstmal in der U 23 aufgebaut werden sollen, dazu zählt, gekommen sind, wird es auf 30 bis 40 Transferbewegungen hinauslaufen! Das erinnert fatal an die Kontinuität nach Bobic-Manier. Natürlich musste man die meisten Überverdiener abgeben um den Personaletat von 90 Millionen auf 40 – 50 Millionen und weitergehend auf ca. 20-30 Millionen zu senken. Aber schüttet man das Kind nicht mit dem Bade aus? Und wie weit reicht eigentlich die Expertise der Scouts, wenn man nicht erkennt, dass ein Spieler wie Dudziak, der in Düsseldorf ganz ordentlich auftrat, gegen Wiesbaden mehrere Sprintduelle im 10.000-m-Tempo absolvierte und dementsprechend verlor. Ein Sprinttraining vor Vertragsunterzeichnung müsste eigentlich möglich sein. Und wer die 100 m langsamer als 15 Sekunden läuft ( eine glatte „Vier“ beim Sportabitur) sollte vielleicht an die Tischtennis-Abteilung weitergereicht werden. Denn man darf ja nicht vergessen: Auch die Neuzugänge im Dutzend verdienen ja ein Gehalt aus dem mittleren bis oberen Management mit 500.000 Euro, um mal eine Zahl zu nennen, die sicher bei vielen nicht unrealistisch ist.

Wir sind gespannt, was sich bis zum 31. August noch so alles tut.

Und wenn Hertha wider Erwarten die zweite und vielleicht sogar die dritte Pokalrunde erreicht, gäbe es ja auch wieder etwas frisches Geld in die klamme Vereinskasse. Dann könnte man in der Winterpause noch fünf bis zehn neue Spieler verpflichten. Natürlich streng entsprechend dem Berliner Weg…

Verpatzter Beginn

Nach dem zweiten Spieltag der 2. Liga muss man sich beim Blick auf die Tabelle nicht umgewöhnen. Hertha steht nach zwei Niederlagen in zwei Spielen in der Abstiegsregion. Auch die Art und Weise, wie die Niederlagen entstanden, erinnern fatal an die letzte Saison: Ordentliches Spiel, aber mit Unkonzentriertheit (bei einem Kopfball nicht eng am Gegner) oder Pech (Nachspielzeit, 30-m-Durchläufer, Doppelpfosten, Tor) entstehen zwei Niederlagen. Es hätten genauso gut vier Punkte sein können. Auch gegen Wiesbaden waren zumindest phasenweise gut anzusehende Spielzüge zu erkennen, wenn man ganz genau hinsah, und das alles ohne echtes Mittelfeld, in dem sich Richter zwar aufopferte, allein aber das Spiel auch nicht ständig leiten konnte.

Pal Dardai macht genau das Richtige, indem er sich vor die Mannschaft stellt. Natürlich muss ein Erfolgserlebnis her, damit die Mannschaft an sich glauben kann. Das wird es eher im Spiel gegen den HSV, als im Pokal gegen Jena geben, man kennt ja Herthas Qualitäten in der ersten Pokalrunde.

Immerhin kristallisiert sich langsam so etwas wie eine Mannschaft aus dem undurchschaubaren Wust von über 40 Spielern heraus, von denen einige geschonte Verkaufskandidaten sind, andere eher Perspektivspieler, die wahrscheinlich hauptsächlich in der U 23 auflaufen werden.

Aus dem Team gespielt hat sich mit Sicherheit vorerst Dudziak, der mehrmals auf 20 Meter 10 Meter im Laufduell verlor. Es soll spezielles Sprinttraining geben, was hier dringendst angesagt werde. Das geht überhaupt nicht, wenn man den Anspruch hat, Leistungssportler zu sein. Einwechsler Lucoqui machte es besser, hatte aber einige Stellungsfehler in seiner Performance. Unauffällig Palko und Bence Dardai, momentan keine Verstärkung für die erste Mannschaft. Tabakovic dagegen deutete mit guten, schnellen Bewegungen einiges an Potenzial an. Überragend natürlich Toni Leistner, der Kempf in der Innenverteidigung klar ausstach.

Eine Abwehr mit Zeefuik (Pekarik, Kenny), Leistner, Kempf und Lucoqui (Gechter, Eitschberger), ein Mittelfeld mit M. Dardai und Klemens (defensiv) und Richter (offensiv) und einem Angriff mit Scherhardt (P. Dardai), Tabakovic und Reese könnte durchaus um den Aufstieg mitspielen, auch wenn die beiden für die Vorrunde erlaubten Niederlagen schon erarbeitet wurden. Neun Siege und sechs Unentschieden ergäben 33 Punkte, die nötig sind. Nach dem gesehenen Start zwar eher unwahrscheinlich, aber unmöglich ist ja schließlich gar nichts.

Offen wäre noch die Besetzung der Torhüterposition. Wenn Christensen, für den endlich mal eine realistische Ablöse im Raum steht, geht, ist Ernst die klare Nummer Eins. Es sei denn, man gibt sich einen Ruck und begnadigt Gersbeck nach Zahlung einer gepfefferten Strafe und Zeigen der vereinsinternen dunkelgelben Karte.

Warum muss denn ausgerechnet Hertha im Zweifelsfall immer masochistisch vorangehen und Spieler nach Fehlern rausschmeißen (Skandalsünder 1971, Fiedler, Jarstein…). Das ist im Zweifelsfall teuer und hilft nur dem Gegner, der sich ins Fäustchen lacht…

Viel Lärm um Nichts

Tousart und Schwolow wechseln von Hertha zu Union. Leistner, ehemaliger Unioner, wechselt zu Hertha. Na und? Will man eigentlich sagen, aber es gibt natürlich, wie überall und immer im Leben, ein paar Idioten, denen das nicht passt. Sogenannte Fans, die geistig irregeleitet sind, bringen ein Schmähplakat gegen Leistner am Trainingsgelände von Hertha an. Großes Medienecho. Aber dass er beim offiziellen Schautraining vor mehreren tausend Zuschauern freundlichen Applaus erhielt, war natürlich keine Meldung wert. Ebenso wurden Tousart und Schwolow in Köpenick mit Beifall empfangen. Schmährufe wären für die Gazetten natürlich schöner gewesen, leider erfüllten ihnen die rotweißen Anhänger den geheimen Wunsch nicht.

Dass Tousarts Ablöse nur ca. 3 Millionen Euro betragen soll, ist natürlich ein Witz. Einer der stärksten Sechser der Liga würde auf einem normalen Markt sicher das dreifache generieren. Aber bei Hertha heißt die Devise: „Alles muss raus“, um die exorbitanten Gehälter einzusparen. Insofern hat auch der Deal mit Schwolow Sinn, der den Vertrag auflöste und ohne Abfindung ging. Natürlich wussten alle Beteiligten, dass er zu Union gehen würde. Herthas Vorteil: Zwei Jahre Gehalt gespart, was sicher zwei bis drei Millionen Euro ausmacht. Und eine Ablösesumme könnte man bei Schwolows mehr als durchwachsenen Leistungen (auch bei Gelsenkirchen) momentan kaum erwarten.

Schwolow und Tousart sind die Abgänge Nr. 12 und 13. Zuvor gingen Ascacibar, Alderete, Jovetic, Ejuke, Mittelstädt, Sunjic, Boetius, Boateng, Ngankam, Cigerci und Piatek. Das sind zusammen sicher 20 Millionen Jahresgehälter, die gespart werden (müssen).

Neu dazu stießen bisher Reese, Gersbeck, Gustav Christensen, Lucoqui, Palko Dardai, Prevljak, Leister, Dodziak und einige verliehene Rückkehrer wie Gechter, Winkler, Wollschläger etc. Einschließlich einiger junger Spieler, die wahrscheinlich überwiegend in der U 23 spielen werden, wie Maza, Eitschberger, Stange, Silva Kiala, Goller, Kwasigroch, Klemens, Bence Dardai und Strasner sind momentan noch 41 Spieler im Kader. Viel zu unübersichtlich.

Aber einige Ehemalige werden sicher noch gestrichen, wie Plattenhardt, Uremovic, Kenny, Kanga, Maolida und Lukebakio, vielleicht sogar Kempf, Rogel und Richter.

Bis zum 31. August kann und wird sich noch viel ändern. Leider. Denn die Wechsel nach Saisonbeginn sind eine unselige Zeiterscheinung, die schnellstens eliminiert gehört. Zwei Monate Transferfenster im Juni und Juli sind doch Stress genug für Manager und Fans. Aber mit Vernunft kann man im Fußballgeschäft nicht unbedingt rechnen…

Verpasste Chance

In der neuen Ausgabe der Zeitschrift „11 Freunde“ gibt es einen sechsseitigen Artikel, der im Inhaltsverzeichnis mit der Überschrift „Hertha macht Spaß“ angekündigt wird. Spaß und Hertha, das sind zwei Begriffe, die in den letzten Jahren, fast Jahrzehnten, nur selten zusammenpassten. Hier werden der gar nicht mehr so neue Präsident Kay Bernstein, der ewige Trainer Pal Dardai und die neue Identifikationsfigur Marius Gersbeck mit vielen Fotos und im Interview so sympathisch dargestellt, wie es sonst nur bei Freiburg, Werder Bremen und vielleicht noch Union der Fall ist.

Und kurz nach Redaktionsschluss prügelt sich Marius Gersbeck und katapultiert sich mit mächtigem Knall ins Abseits. Wie dumm kann man eigentlich mit Ende zwanzig sein? Die Karriere (und viele hunderttausend, wenn nicht Millionen Euro) aufs Spiel setzen, weil man eventuell provoziert wurde und sich nach einigen Getränken nicht mehr unter Kontrolle hatte?

Wenn irgend ein Vorgang „typisch Hertha“ ist, dann dieser. Immer wenn man meint, eine Abwärtsspirale gestoppt zu haben und der mühsamen Weg nach oben beginnt, passiert etwas Unvorhergesehenes, das die Arbeit von Wochen, Monaten, Jahren kaputt macht!

Von einer öffentlichen Entschuldigung Gersbecks beim Verprügelten und beim Verein hat man noch nichts gehört, vielleicht gibt es sie ja auf einem der vielen Kanäle, auf denen heute gerne kommuniziert wird.

Gersbeck ist suspensiert. Dem Vorstand ist dringend anzuraten, keine Kündigung auszusprechen, sondern ihn nach einer gewissen Zeit, unabhängig vom Gerichtsurteil, nach Zahlung einer happigen internen Geldstrafe (für soziale Zwecke), zu begnadigen und langsam in den Kader zurückzuführen. Eine zweite Chance hat jeder verdient. Es darf nicht so sein wie 1971, als Hertha als einziger Verein (im Gegensatz zu Gelsenkirchen, Stuttgart, Braunschweig und und und…) seine Skandalsünder alle entließ, worunter noch jahrzehntelang gelitten wurde und weshalb unter anderem auch die Plumpe einige Jahre später verkauft werden musste.

Strafe ja – Entlassung nein!

Zweiter Platz im Visier

In knapp zwei Wochen startet die neue Zweitligasaison und Hertha hat noch keine richtige Mannschaft!

Zwar ist man mit fast 30 Spielern ins Trainingslager nach Österreich gefahren, wer von denen aber noch wechselt, welche Spieler gegebenenfalls noch dazu stoßen: Alles ist unklar und gleicht einem Blick in die Glaskugel. Geht ein Richter (was schade wäre) oder wechselt ein Christensen (was auch schade, aber keine Katastrophe wäre)? Wer spielt im Mittelfeld, wenn Cigerci, Tousart und Boateng weg sind? Können das die Youngster schon? Man wird nach den ersten vier Spielen gegen Düsseldorf, Wiesbaden, HSV und Greuther Fürth sicher im Ansatz beurteilen können, wohin die Reise auf dem neuen Berliner Weg geht.

Intelligenterweise und mit der ihm eigenen Demut (früher wäre das bei der Beschreibung von Führungspersönlichkeiten beißende Ironie gewesen, hier stimmt es und ist ernst gemeint) hat Präsident Kay Bernstein den Aufstieg nicht als Saisonziel ausgegeben. Trotzdem darf man vermuten, dass sich niemand dagegen wehren würde, wenn Hertha oben mitspielt, und eine Rückkehr in die erste Liga so lange wie möglich erreichbar ist.

Wie viele Punkte benötigt man denn eigentlich zum direkten Aufstieg? In den letzten Jahren war im Kampf gegen den Abstieg immer die magische 40-Punkte-Grenze im Gespräch. Aber für den Aufstieg, sprich den 2.Platz?

Seit Einführung der 3-Punkte-Regel in der Saison 1995/96 benötigte man zwischen 55 und 67 Punkten (das ist immer ein Punkt mehr als der jeweilige Dritte erzielt hat) und im Durchschnitt der 28 Jahre genau 61 Punkte. Wenn man mit 67 Punkten auf der sicheren Seite sein will, müsste man bis zur Winterpause also ca. 33 Punkte holen, das wären 11 Siege bei 17 Spielen. Oder 10 Siege, drei Unentschieden bzw. 9 Siege, sechs Unentschieden bei nur noch zwei Niederlagen. Ganz schön ambitioniert. Wenn man sich die Niederlagen für die Auswärtsspiele beim HSV und in Gelsenkirchen aufheben will (was aber auch nicht sein muss, man kann da auch Unentschieden spielen und in Rostock, Paderborn oder Elversberg verlieren), sollte man beim Saisonstart in Düsseldorf mindestens einen Punkt holen und am 2. Spieltag gegen Wiesbaden gewinnen. Das wäre auch für`s Selbstvertrauen vor dem anschließenden schweren Gang zum HSV nötig. Aber wie gesagt: Hertha MUSS nicht aufstiegen. Nur einen Durchmarsch nach unten, wie jüngst in Bielefeld, wollen wir nicht erleben…

Interessantes Mittelfeld

Da waren es nur noch drei: Nach der Aktualisierung der Kaderübersicht bei Hertha gibt es, nachdem Kevin Prince Boatengs Name nicht mehr genannt wird, noch genau drei Mittelfeldspieler, mit denen Hertha die Zweitligasaison bestreiten will. Als da wären Lucas Tousart, Tolga Cigerci und Suat Serdar. Für die 2. Liga relativ hochwertig und hochpreisig besetzt. Dumm nur, dass alle drei Spieler auf der Verkaufsliste von Hertha stehen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Während Tolga Cigerci, der im Schnellgang den üblichen Weg eines Hertha-Profis durchlebte, nämlich stark anzufangen und dann systematisch schlechter zu werden, offenbar gerne in die Türkei zurück möchte, sieht die Sache bei Serdar und Tousart natürlich anders aus. Serdar, der genau den bei Cigerci beschriebenen Weg ging, zeigte kaum Identifikation mit Verein und Fans und wäre wahrscheinlich bei einer eventuellen Mission Aufstieg, bei der es auch um mentale Stärke und Kampfeswille (Dardai: “Männersport“) geht, fehl am Platze. Außerdem gilt bei ihm ebenfalls die alte Leier vom hohen Gehalt und einer akzeptablen Ablöse, die die finanzielle Situation Herthas verbessern könnte. Bei Tousart geht es allerdings nur ums Geld (hohes Gehalt, hohe mögliche Ablöse), da er sich doch im Laufe seiner 89 Spiele, in denen er für einen Sechser beachtliche 8 Tore in den letzten drei Spielzeiten erzielte, stetig verbesserte. Er wäre genau der Leader, den die Mannschaft bräuchte und der der Kopf einer denkbaren Achse Christensen (oder Gersbeck) – Tousart – Richter – Niederlechner wäre. Jedoch wird sein Verbleiben in Berlin wahrscheinlich nur der Traum eines unrealistisch denkenden Fans bleiben, der altmodische Ideen wie „Vereinstreue“ nicht völlig aus dem Kopf bekommt. Aber vielleicht arbeiten die Verantwortlichen ja daran, dass auch unrealistische Träume Realität werden können. Beispiele gibt`s genug. Viele Herthaner verließen den Verein auch nach dem Abstieg, zumindest in der Folgesaison, nicht, wie ganz früh Wolfgang Fahrian und viel später Raffael und Ramos. Selbst ein Gianluigi Buffon ging mit Juventus Turin in die Serie B. Warum sollte ähnliches nicht auch bei Tousart möglich sein? Vorausgesetzt, man erhält von anderen Spielern (Lukebakio…) hohe Ablösen und Tousart verzichtet auf Gehalt. Den Verzicht könnte man ja mit einer entsprechenden Aufstiegsprämie verrechnen…

Fakt jenseits aller Tagträume ist: Hertha steht ohne Mittelfeld da! Eine 5-0-5-Taktik wäre auch mal was revolutionäres. Alle Bälle lang nach vorne, wo sich fünf Stürmer um den Ball kümmern und ihn versenken…

Saisonrückblick bisserl anders

Es gibt ja Leute, die sagen, dass ein Abstieg auch reinigend wirken kann, wie ein Waldbrand, der Platz für Neues schafft. Andere sagen, dass es ja endlich Zeit wurde, nachdem man jahrelang um einen Abstieg gebettelt hatte, ob es Hertha oder vor fünf Jahren der HSV war.

Meiner Meinung nach ist nichts davon richtig, ein Abstieg ist immer blöd und wirft den Verein meist (nicht immer, siehe Werder im letzten Jahr) um Jahre zurück: viel weniger Einnahmen, völliger Neuaufbau des Kaders (was im konkreten Hertha-Fall wirklich mal ein Vorteil ist), Unsicherheit was die Zukunft angeht und und und…

Überflüssig war der Abstieg von Hertha sowieso, wenn wir die Spiele mal kurz rekapitulieren:

Am Ende fehlten genau 5 Punkte für die Relegation und sechs Punkte, um 14. zu werden, ein Tabellenplatz, den Hertha schon öfter in 40 Bundesliga-Jahren innehatte.

Zwei Punkte, wenn gegen Leverkusen der eindeutige Handelfmeter gepfiffen worden wäre. Fünf Punkte, wenn in Stuttgart, Mainz und zuhause gegen Bochum nicht ein Gegentor in der späten Nachspielzeit gefallen wäre (außerdem hätten dann Stuttgart zwei Punkte und Bochum einen Punkt weniger, was schon für die Abstiegs-Vermeidung ausgereicht hätte).

Und allen Experten und solchen die es sein wollen, die nur die Ergebnisse betrachten und nicht, wie diese zustande kamen, nochmal zur Erinnerung:

Hertha machte 10 wirklich schlechte Spiele, in denen keine Erstligareife und vor allem kein Wille die Klasse zu halten, gezeigt wurden, nämlich bis zur WM-Pause nur gegen Union (A) dann allerdings gegen Bochum (A), Wolfsburg (H), Frankfurt (A), Leverkusen (A), Hoffenheim (A), Gelsenkirchen (A), Bremen (H) und Köln (A).

Ordentlich, wenn auch mit nicht immer zufriedenstellenden Ergebnissen, spielte Hertha gegen Frankfurt (H), Dortmund (H), Augsburg (A), Freiburg (H), Bremen (A), Stuttgart (A), Union (H), Dortmund (A), Augsburg (H), Mainz (H), Bayern (A), Bochum (H) und Wolfsburg (A) (13 Mal).

Und elfmal zeigte Hertha starke bis sehr starke Spiele, auch wenn davon aus unterschiedlichsten Gründen etliche verloren gingen, wie gegen Mönchengladbach (A), Leverkusen (H), Mainz (A), Leipzig (A), Gelsenkirchen (H), Bayern (H), Köln (H), Mönchengladbach (H), Freiburg (A), Leipzig (H) und Stuttgart (H).

Alles in allem eine durchwachsene Bilanz, keineswegs jedoch eine Saison, in der man zwangsläufig als Letzter absteigen muss. Dass das auch das Publikum so sah, zeigt der mit über 53.000 beste Zuschauerschnitt in der mittlerweile 131-jährigen Geschichte von Hertha BSC.