Herthas Fast-Meisterschaft

Nachdem Hertha die Saison 23/24 im genauso sicheren wie langweiligen Mittelfeld beendet hat, bläst alles zum großen Aufstiegs-Halali im nächsten Jahr. Aber ist es eigentlich auch nur ansatzweise sicher, ob es so kommen wird? Das Negativbeispiel HSV wollen wir hier gar nicht bemühen. Aus Herthas eigener Geschichte wissen wir, dass es Jahre dauern kann, bis irgend ein glücklicher Zufall den Aufstieg begünstigt. Natürlich sind die achtziger Jahre des vorigen Jahrtausends kein Maßstab. Hertha spielte im März 1984 vor 3362 Zuschauern gegen Oberhausen (3:2-Sieg). Das war damals typisch und erst über den Umweg Amateuroberliga Berlin (damals 3., heute 6. Liga) gelang der Aufstieg in Liga 2 und dann in Liga 1, um sich ab 1997 in der ersten Liga festzusetzen und seitdem stehen 24 Jahre Bundesliga drei Jahre zweite Liga gegenüber.

Zeit also, in trister Gegenwart an die besten Zeiten zu erinnern:

Die Fußball-Woche kramte dazu in ihrem Archiv und veröffentlichte das Titelblatt der Nr. 20 von 2009:

„Hertha BSC: Jetzt ist alles möglich“ heißt die Überschrift und in einer Prognose für die letzten drei Spieltage heißt es: “Hertha schafft es!“

Wie kam es zu dieser optimistischen Voraussage, die ja, wie wir alsbald erkennen mussten, zu optimistisch war?

Lucien Favre hatte die Mannschaft im Vorjahr übernommen und eine völlig verunsicherte Truppe mit 44 Punkten auf einen soliden 10. Tabellenplatz geführt.

„Im zweiten Jahr läuft die Schonfrist ab“ schrieb die FuWo und Favre beeindruckte alle mit modernstem One-Touch-Fußball. Hertha war europaweit die Mannschaft mit der geringsten Ballbesitzzeit, bis der Spieler den Ball weitergab.

Hertha startete mit einem 2:0-Sieg in Frankfurt, war nach dem 13. Spieltag und einem 2:1-Heimsieg gegen den HSV Tabellenvierter, um nach 17 Spieltagen mit 33 Punkten Dritter zu sein, zwei Punkte hinter den führenden Hoffenheimern und Bayern. Am 20. Spieltag schlug man Bayern München mit 2:1 und war erstmals in dieser Saison 2008 /09 Tabellenführer. Anschließend wurde Hertha in Wolfsburg von Knut Kircher verpfiffen, als er ein korrektes Hertha-Tor aberkannte, um ein klares Foul von Dzeko vor seinem Siegtreffer nicht sehen zu wollen. Ergebnis: 3. Platz.

Nach dem folgenden 2:1-Heimsieg gegen Mönchengladbach ist Hertha wieder Tabellenführer und bleibt es auch nach dem 3:1 in Cottbus und die FuWo titelt erstmals: „Hertha greift nach der Meisterschale“. 1:0 gegen Leverkusen am 24. Spieltag, 0:2 gegen Stuttgart am 25. Tag und Hertha ist immer noch Erster. Nach der 1:3-Niederlage gegen Dortmund rutscht Hertha auf Platz 3 ab, nach dem 0:2 in Hannover gar auf Platz 4 am 27. Spieltag. Es folgt ein 2:1 gegen Bremen und ein 1:0 in Hoffenheim und schon ist Hertha wieder auf Rang 2. Ein 1:1 beim HSV und ein 2:0 gegen Bochum folgen, so dass Hertha drei Runden vor Schluss mit einem Punkt Rückstand Dritter ist. Ein 2:1- Sieg in Köln lässt alles möglich erscheinen, bis Hertha beim 0:0 im ausverkauften Olympiastadion gegen Gelsenkirchen den entscheidenden Matchball nicht verwandeln kann. Das 0:4 am letzten Spieltag gegen Absteiger KSC lässt Hertha als Tabellenvierter sogar aus den Champions-League-Rängen herausfallen. Folge: Finanzielle Engpässe, Spieler (Woronin, Simunic) mussten verkauft werden, der Abstieg in der nächsten Saison folgte.

Die Namen der damaligen Hertha-Mannschaft treiben einem die Tränen in die Augen:

Drobny – Friedrich- von Bergen-Simunic- Stein – Dardai- Raffael- Nicu-Cicero- Woronin- Pantelic sowie Piszcek, Kacar, Ebert, Lustenberger und Domovchiyski heißen die Spieler, die nach 1930/31 Geschichte hätten schreiben können. Fehler von Schiedsrichter Kircher, Trainer Favre (Schlechte Kommunikation mit Führungsspielern wie Friedrich und Pantelic) und den Spielern verhinderten den großen Triumph.

Vielleicht macht der Berliner Weg ähnliches in ein paar Jahren ja wieder möglich.

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