Während bei Hertha die Trainerfrage weiterhin ungelöst ist und Fans, Mannschaft und Pal Dardai selber nicht wissen, ob er ab dem 1.7. noch Trainer der Alten Dame ist, machen die Köpenicker ganz schnell Nägel mit Köpfen: Zwei Tage nach der Versicherung des Präsidenten Zingler, dass nichts an den Gerüchten über eine vorzeitige Trainerentlassung stimme, ist Herr Bjelica auch schon weg vom Fenster. Nicht aber von den lukrativen Fleischtöpfen: Der Vertrag läuft bis Mitte 2025 und wenn Union nicht absteigt, sogar bis Mitte 2026. Union kann dann mal eben ein bis zwei Millionen Euro in den Wind schreiben. Aber da ist Union, das sich selber gerne als den etwas anderen Verein, fern von Kommerzialisierung und Abgehobenheit, sieht, genau wie alle anderen, die im Profizirkus mitspielen.
In den letzten 17 Jahren gab es 10 Trainer bei Union, was sich erst mal unterdurchschnittlich anhört. Wenn man aber die erstaunlichen sieben Jahre von Uwe Neuhaus und die fünfeinhalb erfolgreichen Jahre von Urs Fischer weglässt, gab es siebenTrainer (plus zwei Interimstrainer) in den vergangenen 10 Jahren, d.h., man nähert sich bei Union dem branchenüblichen Durchschnitt von etwas über einem Jahr ziemlich genau an.
Erinnert sich noch jemand an Norbert Düwel (2014 bis 2015), Sascha Lewandowski (2015 bis 2016), André Hofschneider (2016), Jens Keller (2016 bis 2017) und nochmal André Hofschneider?
Marco Grote muss jetzt zum zweiten Mal als Interimstrainer einspringen. Ein Nenad Bjelica wird mit seiner gerade fünfeinhalb Monate dauernden Amtszeit eine Randnotiz in der Union-Geschichte bleiben. Ob man jemals wieder einen Trainer wie Urs Fischer finden wird, egal ob in Liga 1 oder 2, steht in den Sternen. Hinterher ist man immer schlauer, aber vielleicht wäre es besser gewesen, an Fischer festzuhalten, wie es einstmals Freiburg gemacht hat, die mit Christian Streich abgestiegen sind, um danach gestärkt wieder aufzusteigen. Oder wie es jetzt Darmstadt 98 vormacht, das mit Trainer Torsten Lieberknecht trotz des Abstiegs weiterarbeitet.
Eventuell hat Union, das eben doch nur ein „normaler“ Fußballverein, wenn auch mit positiv-verrückten Fans, ist, die ungewöhnliche und eigentlich unnormale fünfjährige Erfolgsphase etwas das klare Denken vernebelt: Die Champions-League kann nicht der Normalfall bei Union sein, die Mitgliedschaft in der 1. Bundesliga sollte das neue Ziel sein.