Aufstiegstrainer Dardai

Nach dem etwas enttäuschenden 1:1 gegen Hannover ließ sich ein circa sechzehnjähriger Experte, der sich anhörte, als sei er seit Jahrzehnten kritischer Beobachter der alten Dame, zu der Bemerkung herab, dass Pal Dardai eben kein Aufstiegstrainer sei.

Dieses Statement saß erstmal!

Über den Einwand, dass Hertha vor der Saison u.a. alle sechs Mittelfeldspieler abgeben musste, wollte er nicht weiter diskutieren. Zum Glück. Denn mit arroganten, besserwisserischen Jugendlichen zu reden, macht nur selten Spaß.

Aber was ist an der Aussage vom Aufstiegstrainer dran?

Fragen wir uns doch zuerst, was ein Aufstiegstrainer eigentlich ist:

Fiffi Kronsbein ist zweifellos ein Aufstiegstrainer (gewesen), der sich mit Hertha 1968 in der Aufstiegsrunde nach vier Heimspielen mit je 85.000 Zuschauern gegen Rot-Weiß Essen durchsetzte. Allerdings auch erst im zweiten Versuch, nachdem er 1967 als 5. von fünf Vereinen in der Aufstiegsrunde recht kläglich gescheitert war.

Georg Gawliczek war ein Aufstiegstrainer, der 1982 mit Hertha ins Oberhaus zurückkehrte, nachdem Uwe Klimaschewski im Dezember 81 nach dem Pokal-Aus gegen TuS Langerwehe gefeuert worden war. Allerdings musste Hertha unter Aufstiegstrainer Gawliczek nach einem Jahr die Bundesliga als 18. schon wieder verlassen. Auch keine richtige Erfolgsstory.

Jürgen „Wundermann“ Sundermann war ein Aufstiegstrainer, allerdings auch erst im zweiten Versuch 1988 und auch nur von der Amateuroberliga Berlin (damals 3. Liga) in die zweite Liga. Aufstieg auf niedrigem Niveau.

Der viel zu früh verstorbene Werner Fuchs war der nächste Aufstiegstrainer, der Hertha 1990 in die erste Liga brachte, dort allerdings nach 13 Spieltagen gehen musste, weil der Vorstand es versäumt hatte, Hertha mit Spielern aus Ost-Berlin (Thom, Rohde, etc), die gerne gekommen wären, zu verstärken. Dass diese beiden Spieler später, am Abend ihrer Karriere, doch noch für Hertha spielten, ist dabei der Treppenwitz der Geschichte.

Nach etlichen Zweitligajahren war Jürgen Röber der nächste Aufstiegstrainer, der 1997 aufstieg und die Mannschaft 2000 in die Champions-League führte. Aber Röber ist mittlerweile 70 Jahre alt und genießt seinen Ruhestand, was sicher gesünder ist, als wieder Hertha-Trainer zu werden.

Markus Babbel (2011) und Jos Luhukay (2013) hießen die letzten beiden Aufstiegstrainer, die sich in der ersten Liga aber auch nur ein halbes (Babbel) bzw. eineinhalb Jahre (Luhukay) halten konnten.

Die vielen verschiedenen Charaktere all dieser Trainer und die vielen verschiedenen Arten, die Mannschaft anzusprechen und einzustellen, zeigen, dass es den Aufstiegstrainer nicht gibt.

Bei Pal Dardai wissen wir, was wir an ihm haben. Bei jedem neu zu verpflichtenden Trainer weiß man genau das nicht.

Außer den bereits genannten Trainern waren bei Hertha seit Helmut Kronsbeins Rücktritt 1974 so einige Übungsleiter am Werke: Georg Kessler, Kuno Klötzer, Martin Luppen, Uwe Kliemann, Rudi Gutendorf, Pal Csernai, Peter Neururer, Karsten Heine, Bernd Stange, Günter Sebert, Uwe Reinders, Falko Goetz, Huub Stevens, Hans Meyer, Lucien Favre, Wolfgang Funkel, Michael Skibbe, Otto Rehhagel, Ante Covic, Jürgen Klinsmann, Alexander Nouri, Bruno Labbadia, Tayfun Korkut, Felix Magath und Sandro Schwarz.

Weiß Gott, viele gute und ein halbes Schock weniger gute Namen, was die Leistungen der Trainer betrifft. Nur wenige waren Aufstiegstrainer. Pal Dardai ist der Aufstieg im zweiten Jahr, wenn die Mannschaft auf zentralen Posten zusammenbleibt und sich die jungen Wilden noch weiterentwickelt haben werden, mit geringen Kaderergänzungen allemal zuzutrauen.

Hoffentlich sehen das die Verantwortlichen und der windige Inverstor genauso.

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