Archiv der Kategorie: Hertha

Abstiegskampf: Siegt die Vernunft?

Schade, dass sich der Verstand durchgesetzt hat und alle Spiele an den beiden letzten Bundesliga-Spieltagen zeitgleich zur traditionellen Anstoßzeit um 15.30 Uhr beginnen. Und wer denkt an unsere asiatischen Freunde, die jetzt bis Mitternacht und länger warten müssen, bevor Hunderte von Millionen Fußballanhänger zwischen Malaysia und Papua-Neuguinea ihre geliebten Bayern spielen sehen können?

Wesentlich interessanter wäre eine Abfolge der Spiele von Freitag bis Montag, wobei kein einziges Spiel parallel stattfindet, sondern der Tabellenletzte zur Strafe vorlegen muss, bis als letztes und neuntes Spiel im Idealfall die Partie des Tabellenführers ausgetragen wird. Da wird der Fleißige belohnt, wie es in unserer Gesellschaft eigentlich sein sollte. Maßgeblich ist der Tabellenstand der Heimmannschaft. Es ist wie im täglichen Leben: Der Obenstehende wird bevorzugt, wer unten steht, kriegt noch eine Watschn zusätzlich.

Apropos: Noch steht Braunschweig unten, aber nicht mehr lange! Gegen Augsburg gewinnt die Eintracht im Heimspiel, während der HSV das Ausscheiden der Bayern auf tragische Art wird büßen müssen. Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, müssten die Hamburger nach dem 33. Spieltag eigentlich Letzter sein. Ein unsicherer Kandidat ist der Club aus Nürnberg. Ein Trainerwechsel wenige Minuten vor Saisonende darf eigentlich nicht belohnt werden. Vielleicht holt man einen Punkt gegen 96. Am letzten Spieltag reicht der Braunschweiger Eintracht dann eventuell schon ein Punkt in Hoffenheim, wenn Nürnberg in Schalke verliert (Aber Vorsicht: Vereinsfreundschaft!!) und der HSV in Mainz erwartungsgemäß nicht gewinnt.

Also: Nürnberg und HSV steigen ab, Braunschweig erreicht die Relegation. Wenn’s wirklich so kommt, wäre es der ganz große Triumph der Moral und der Vernunft (Vertragsverlängerung mit dem Trainer trotz Abstiegsplatzes, Kontinuität im Mannschaftsaufbau) über die Möchtegernexperten in vielen Vereinen, die denken, dass ein Bundesligaverein nur ein kapitalistischer Dienstleistungsbetrieb ist, mit den Fans als Kunden.

Wir sind keine Kunden und wollen keine gut geölten Servicemaschinen sondern Emotionen. Niederlagen sind da auch mal erlaubt!

Ihr seid’s ihr!

Was hatte er sich nur dabei gedacht? Am Tag nach dem wenig grandiosen 3:1 bei Hertha BSC, als die 23. Meisterschaft unter Dach und Fach war, erklärte Wundertrainer Pep Guardiola die Saison für beendet. Natürlich meinte er nur die Meisterschaft; Pokal und Champions League waren davon natürlich ausgenommen. Aber erkläre das mal jemand der Mannschaft, noch dazu, wenn die Hälfte, einschließlich des Trainers, eher gewisse Defizite, was die Nuancen der deutschen Sprache betrifft, an den Tag legt. Nun gut, der Bayer im Spanier denkt sich, wenn man gegen Augsburg in der Nachsaison 0:1 verliert, ist das kein Beinbruch; selbst wenn man zu Zeiten, als die Bundesliga für die Bayern noch eine Rolle spielte, gegen einen Aufsteiger wie Hertha in zwei Spielen drei Tore kassierte, konnte man sagen, dass man immerhin sechs geschossen hatte. Aber wer gegen Hertha drei Tore kassiert, bekommt von Real Madrid vielleicht auch vier eingeschenkt und sechs gegen Hertha bedeutet vielleicht nur drei oder zwei oder eins oder gar keins gegen Madrid. Hochmut kommt meistens vor dem Fall und erstaunlich am grandiosen Scheitern der Roten ist eigentlich nur, dass Oberunke Sammer, dessen einzige Berechtigung für sein Millionengehalt eben das ständige Unken ist, nicht an die Decke und durch sie hindurch gefahren ist, als Pep seine verhängnisvollen Worte sprach. Vielleicht wollte er seinem Trainer aber das Recht, das bessere HB-Männchen zu sein, nicht versauen…

P.S.: Sollten wider Erwarten die Bayern die Dortmunder im Pokalendspiel nicht gewaltig vom Platz fegen, könnte die geheime Trainersuche bei Bayern eigentlich beginnen. Klopp hat seinen Vertrag zwar gerade verlängert, aber ein paar Millionen mehr, sicher bei der Volksbank angelegt, könnten eventuell den Weg frei machen.

P.P.S.: Wenn die Bayern von Real nicht langfristig in ihre Bestandteile zerlegt worden sind, müssten sie vor Wut eigentlich alles kurz und klein spielen, was ihnen demnächst vor die Flinte kommt. Wenn es denn noch geht, nach der Saison…

Das neue Auswärtstrikot der Nationalmannschaft und die Aussichten für Brasilien

Fußballer, das wissen alle, die einmal gegen einen runden Gegenstand getreten haben, sind abergläubig! Aus den nebensächlichsten Kleinigkeiten werden Voraussagen über Siege und Niederlagen herausgelesen und ursächliche Zusammenhänge hergestellt, wo es, realistisch betrachtet, keine geben kann. Zum Beispiel verliert Hertha jedes Auswärtsspiel, wenn ich mit meinen beiden Brüdern gemeinsam in Schönwalde vor dem Fernseher sitze. Woher wissen die Spieler, dass wir wieder zu dritt versammelt sind? Und selbst wenn es ihnen die NSA per Geheimmail mitgeteilt hätte, warum fangen sie dann an, das Fußballspielen zu verlernen und einen grausamen Kick hinzulegen? Völlig unklar, aber so sind nun mal die Tatsachen.

Selbstverständlich spielt die Trikotfarbe bei der psychischen Stabilität der Fußballspieler eine herausragende Rolle. Nicht überraschend schickten die Mannen um Fritz Walter 1954 im WM-Halbfinale die damals Weltklasse darstellenden Österreicher mit 6:1 gedemütigt nach Hause: Man hatte ja in den geliebten grünen Ausweichtrikots gespielt. Genau wie 18 Jahre später im Viertelfinale der EM 1972 unter Günter Netzers genialer Regie die Engländer erstmals in Wembley (mit 3:1) besiegt wurden. Nicht Glück, Bobby Moores halbes Selbsttor oder Netzers Sturmläufe über das halbe Feld waren ausschlaggebend für eines der besten Spiele einer deutschen Nationalmannschaft, sondern das Blassgrün des Trikots.

 Wundert sich noch jemand über das 1:0 gegen Chile, das zwar gegen eine starke Mitfavoritenmannschaft ein hervorragendes Ergebnis ist, aber nur mit viel Glück und einer unterirdischen Leistung erreicht wurde? Wenn man traditionsferne Leverkusen-/Frankfurttrikots anzieht (nicht zufällig verlieren beide Mannschaften derzeit in der Bundesliga, was das Zeug hält), muss man sich über eine schlechte Leistung nicht wundern.

Vielleicht ist das aber nur ein geschickter Schachzug von erfahrenen Beobachtern des Wegs der Nationalmannschaft: Noch immer gab es nach Niederlagen oder schwachen Leistungen zu Beginn eines WM- (Verzeihung: „FIFA-WM“) Jahres gute Turniere, nach guten Leistungen zu Jahresbeginn folgte meist eine frühzeitige Heimreise.

Hier die Fakten:

 

1954: Saarland (!!!)   3:1 (mit Mühe) – Weltmeister

1958: Belgien             2:0       – 4.Platz

1962: Uruguay           3:0       – Viertelfinale ausgeschieden

1966: England            0:1       – 2. Platz

1970: Spanien             0:2       – 3. Platz

1974: Spanien             0:1       – Weltmeister

1978: England            2:1       – 2.Finalrunde ausgeschieden (Cordoba!!!)

1982: Portugal            3:1       – Vizeweltmeister (mit furchtbarem Gewürge)

1986: Italien               2:1       – Vizeweltmeister (mit furchtbarem Gewürge)

1990: Frankreich        1:2       – Weltmeister

1994: Italien               2:1       – Viertelfinale ausgeschieden

1998: Oman (!!!)        2:0       – Viertelfinale ausgeschieden

2002: Israel                 7:1       – Vizeweltmeister

2006: Italien               1:4       – 3. Platz

2010: Argentinien      0:1       – 3. Platz

2014: Chile                 1:0       – ?????

Wie man sieht, bestätigen einige wenige Ausnahmen nur die Regel. Werten wir also nicht das Ergebnis, sondern den Spielverlauf und freuen uns auf eine erfolgreiche WM (Verzeihung: „FIFA-WM“) in Brasilien.

 

Die Heuschrecke: Fressen und gefressen werden

 Bei der Heuschrecke (Orthoptera) unterscheidet der Entomologe zwischen Langfühler- und Kurzfühlerschrecke. Beide erlegen ihre chancenlosen Feinde mithilfe kräftiger Beißmandibeln. Andererseits kann sie aber auch selber zu schmackhafter, eiweißreicher Nahrung werden, wenn sie kurz im Wok gebraten wird.

 Ob KKR, Herthas neuer Investor („strategischer Partner“) eher frisst oder gefressen wird, wird die Zukunft zeigen. Im günstigsten Fall wird es für beide Parteien, ganz gegen die biologischen Vorgaben, eine vorteilhafte Geschäftsbeziehung.

Aus Herthasicht ist die Motivation klar: Der Verein erhält finanziellen Spielraum und ist schuldenfrei. „Schön wär’s“, war der erste Gedanke nicht weniger Anhänger und Wegbegleiter der blauweißen in den letzten fünfzig Jahren. Aber ist das wirklich der Fall?

Nachdem sich die erste Aufregung um den Einstieg von KKR bei Hertha gelegt hat, können wir geruhsam und entspannt die Fakten erörtern. Zur besseren Information wird das Angebot auf der vereinsinternen Webseite angenommen, Fragen zu dem Geschäft zu stellen. Der Verein will transparent sein, um große Transparente wie am Sonntag beim Spiel gegen Nürnberg zu vermeiden: „Partner von der Wall Street – Pakt mit dem Teufel??“  Unnötig zu erwähnen, dass die entsprechende Mail bislang mit Nichtbeantwortung gestraft wurde.

 Die bekannten Fakten sehen so aus: Hertha ist beileibe nicht schuldenfrei, sondern hat die über 30 Millionen Schulden jetzt statt bei Banken bei den Herren der KKR (erinnert mich immer an den Fleckentferner der Sechzigerjahre namens K2R). Vielleicht werden durch diese Umschuldung etwas weniger Zinsen bezahlt. Immerhin, ein, zwei Millionen im Jahr sind für Hertha kein Pappenstiel. Außerdem hat man etwas Spielraum durch zurückgekaufte oder neu verhandelte Rechte, die gegen Geld abgegeben worden waren. Dumm nur, dass sich dafür (und für den 9,7 % Anteil und einen undefinierbaren „Zuschuss“) die Amerikaner einen Platz im Aufsichtsrat erkaufen („Soll’n se haben – an den langweiligen Sitzungen nehmen die sowieso nur dreimal teil“). Anscheinend ist hier der Aufsichtsrat der Hertha BSC GmbH & Co KGaA gemeint, wobei unklar ist, welche Entscheidungen dieses Gremium zu fällen hat. Zusätzlich haben die amerikanischen Freunde mit ihrer großzügigen Spende das Recht erbeten, 33% der Anteile erwerben zu können. Das hieße dann allerdings, dass keine Entscheidung, sei sie sportlicher oder finanzieller Natur, gegen die Herren von der Wall Street getroffen werden könnte. Vielleicht verlieren dann, im Zweifelsfalle, wenn es einmal nicht gut läuft im Verein, Herr Preetz und Herr Schiller doch noch ihre Posten, die sie mit viel Herzblut und Rückhalt von Herrn Gegenbauer gegen die Vereinsopposition trotz zweimaligen Abstiegs behauptet haben. Niemand ist ja so naiv, zu glauben, dass die Heuschrecke KKR aus sportlicher Begeisterung in den Berliner Verein investiert. Wie deren Strategie aussieht, wissen wir nicht, wir können nur hoffen, dass Hertha nach Abschluss des Deals (eine lebenslange Freundschaft erscheint unwahrscheinlicher als eine tränenreiche Verbrüderung von Schalkern und Dortmundern) überhaupt noch existiert und im günstigsten Falle besser dasteht als vorher.

Vielleicht könnte es nicht schaden, wenn die Verantwortlichen bei Hertha den Wok zur Vorsicht schon mal in Bereitschaft halten und vorwärmen würden…

 P.S.: Herr Schiller sprach nach Abschluss des Vertrags mit KKR vom schönsten Tag, seit er bei Hertha ist. – Mein schönster Tag war der erste Bundesligaaufstieg 1968 beim Spiel gegen Rot-Weiß-Essen!

Plan C oder warum 2014 nicht Ronaldos Jahr wird

 Sir Alex Ferguson irrte, als er behauptete, es gebe nur zwei Möglichkeiten, Cristiano Ronaldo, frisch gekürter Weltfußballer des Jahres 2013, auszuschalten: „Plan A: Eine Machete, Plan B: Ein Maschinengewehr“. Natürlich gibt es noch Plan C, und den wird Cristiano Ronaldo am 16.6.2014 in Salvador/Brasilien kennenlernen. Er heißt Philip Lahm und wird ihm, wenn er in sich selbst verliebt gerade den fünften Übersteiger gemacht hat, einfach den Ball abnehmen und einen deutschen Angriff einleiten, während seine Majestät Ronaldo, die Arme in die Hüften gestemmt, den Blick scheinbar unabsichtlich zum Videowürfel gerichtet, den Kopf schüttelt und so aussieht, als ob er kurz davor ist, eine Wut-Träne zu verdrücken, weil das wirklich gemein ist, ihm den Ball abzunehmen.

Unmöglich?

Alles schon passiert, z.B. bei der WM 2006, als Lahm Ronaldo zur Note 4,5 verhalf oder bei der EM 2008 als der wahrlich nicht Weltklasse verkörpernde Arne Friedrich (außer bei der WM 2010, da war er genau das) Ronaldo zum einfachen Mitspieler degradierte. Nun ist Ronaldo zweifellos konstanter geworden und besser als damals, aber auch ein Lahm bewegt sich auf dem Zenit seines Schaffens, so dass er Tempodribblings im Keim ersticken wird (nur dann kann man sie verhindern). Bei direkten Freistößen gibt es einen Welttorhüter namens Manuel Neuer, der auf der Linie höchstens durch einen abgefälschten Schuss zu überwinden ist. Eine Gefahr droht aber: Wenn Ronaldo sich in die Mitte begibt, um zum Kopfball anzusetzen. Dann hilft einem Lahm auch keine schnell herbeigeschaffte Leiter und selbst ein Riese wie Boateng hätte in diesem Fall Probleme (Ferguson: „Dann hilft nur Beten.“).  Deshalb werden hohe Flanken auf Ronaldo im Ansatz verhindert werden müssen. Da Trainer Löw all das weiß, wird Portugal das erste WM-Spiel leider verlieren und die Gruppenspiele kaum überstehen. 2014 wird nicht das Jahr des Cristiano Ronaldo…

Das ewige Winterpausendilemma

 Ich würde gerne eine Wette abschließen: Spätestens wenn am Wochenende um den 25. Januar die Winterpause der Fußball-Bundesliga endlich beendet sein wird, wird das vorfrühlingshafte Wetter zu Ende sein. Warum ich mir so sicher bin? Erstens lehrt die langjährige Erfahrung, dass es Spielausfälle früher (als es noch keine Rasenheizungen gab) meist im Februar oder März gab und zum anderen hat sich der Winter, wenn er denn kommt, eher im Februar als im Dezember/Januar so richtig festgefressen und will nicht weichen. Die Klimatabellen zeigen uns ja, dass die kältesten Tage im langjährigen Durchschnitt zwischen Mitte Januar und Mitte Februar liegen! Außerdem sagt der gesunde Menschenverstand, dass es dem Winter, der ja mit Kälte, Blitzeis und Eisstürmen ein teuflischer Geselle ist, viel mehr Spaß macht, uns im Stadion zu quälen, als uns mit gut präparierten Pisten und spiegelblanken Eislaufflächen zu verwöhnen.

Was kann man tun? Die Winterpause abschaffen und so lange spielen, wie es geht? Da könnte man ja gleich nach England auswandern. Die Spieltage flexibel ansetzen, d.h., so lange es mild ist, spielen, wenn die Kälte kommt, Pause machen? Wäre schön, ist aber aufgrund der langen Vorlaufzeiten bei der Planung von TV-Übertragungen, Trainingslagern etc. unrealistisch. Drei Monate Winterpause von Mitte Dezember bis Mitte März und im Sommer nur eine kurze Pause? Würde ich begrüßen, ginge aber nur, wenn es alle machen würden, weil sonst die Klubs im Europapokal benachteiligt sind (siehe Russland).

Schlussfolgerung? Alles bleibt, wie es ist und wir werden uns im Februar den Ursch abfrieren. Ein Trost bleibt mir: Zu Weihnachten habe ich beheizbare Einlegesohlen mit Akkus bekommen. Eisfüße ade! Ich freu’ mich drauf.

 

 

Mein Spiel und das neue Trikot der Nationalmannschaft

Wenn man ganz ehrlich ist, muss man zugeben: Schick sieht es ja aus, das neue Trikot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft! Unklar ist nur, was uns die rötliche Verzierung unterhalb des Kragens sagen soll. Dass es sich um drei Streifen handelt, ist klar, schließlich heißt der Ausrüster adidas. Die Farbabstufung von violett über dunkelrot nach magenta ergibt aber auch auf den zweiten Blick keinen Sinn. Nur weil schwarz-rot-gold zu plump gewesen wäre, muss es ja nicht rot sein. Und die Zeiten, da Klinsmann dachte, wenn Deutschland rot trägt, laufen die Gegner schreiend davon und überlassen uns kampflos den Halbfinalsieg, sind  lange vorbei. Also: so was ähnliches wie ein roter Brustring. Aber Mayer-Vorfelder ist schon einige glückliche Jahre und einige Hektoliter Trollinger später nicht mehr DFB-Präsident, so dass eine Anbiederung an den VfB Stuttgart auch völlig unnötig ist.

Nehmen wir es also so, wie es ist. Das neue Trikot (im DFB-fanshop ab sofort unter dem Aufmacher: „Es ist dein Spiel“ erhältlich) dient, wie bei jedem anderen Profi-Fußballverein der Welt, der schnöden Geldscheffelei, wobei dies im Unterschied zu Vereinen der DFB wahrlich nicht nötig hätte, schwimmt er doch im Geld. Aber selbstverständlich würde uns jeder befragte Funktionär jetzt zum Thema Jugendfußball, Unterstützung von Amateurvereinen und Tornetze für die Seychellen das Ohr abkauen! Sei’s drum. Zum Glück wird man ja nicht gezwungen das Hemd (zu Weihnachten!) zu kaufen.

Völlig absurd wird die Betrachtung, wenn man sich fragt, warum die Nationalmannschaft jetzt in weißen, statt wie in den letzten 105 Jahren (von Fritz Walters Lieblingsfarben grünes Trikot, weiße Hose als Ausweichspielkleidung mal abgesehen), in schwarzen Hosen spielen soll. Weshalb nicht gleich in homophilen Regenbogenhosen (in stillem Gedenken an die Ära Zwanziger) oder kroatisch gewürfelt mit Gesäßwerbung wie in Österreich?

Vielleicht soll die weiße Spielkleidung mit rotem Brustschild aber auch im Hinblick auf die kommende Fifa-WM in Brasilien eine Verbeugung vor unseren Spielern mit türkischen Wurzeln darstellen. Sami Khedira und Mesut Özil werden sich sicher freuen, wenn sie erfahren, dass in eben dieser Spielkleidung die Türkei bei der 1954-er WM in der Schweiz spielte. Dass die Türken die Vorrunde nicht überstanden, weil sie von Deutschland mit 4:1 und 7:2 aus dem Stadion gefegt wurden, muss ja kein schlechtes Omen sein…

Khedira und die Verletzungsmoden beim Fußball

Sami Khediras Kreuzband ist gerissen. Schlimm für ihn, seinen Arbeitgeber Real Madrid und die Chancen der deutschen Fußballnationalmannschaft auf den WM-Titel 2014. Eine merkwürdige Häufung von Kreuzbandrissen in den letzten Jahren fällt auf: Subotic, Baumjohann, Lasogga und wie sie alle heißen. Früher, in den Anfangsjahren der Bundesliga,  gab es keine Kreuzbandrisse, wurden zumindest als solche nicht diagnostiziert bzw. publik gemacht. Dafür war früher der Achillessehnenriss beliebt, der in den sechziger Jahren meist das Karriereende bedeutete, bis Uwe Seeler diese Regel ad absurdum führte: Im Februar 1965 Riss der Achillessehne (erst ausgelacht, als er ohne Gegnerberührung in den Frankfurter Schnee fiel und sich darin wälzte, danach geschockt und voller Scham mit Applaus verabschiedet, als er vom Platz getragen wurde), im September 1965 Siegtorschütze im WM-Qualifikationsspiel in Stockholm, der die Teilnahme an der WM 1966 und somit das Wembley-Tor erst ermöglichte. Das war das Ende des Mythos’ von Achillessehnenrissen. Seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten hat man von einer solchen Verletzung nichts mehr gehört. Offensichtlich aus der Mode gekommen.

Was in den Achtzigerjahren die Patellasehnenentzündung war, die jeder Spieler, der etwas auf sich hielt, zumindest in der Saisonvorbereitung vorweisen konnte, wurde in den Neunzigern von der markigen Schultereckgelenksprengung abgelöst. Kommt heute so gut wie nicht mehr vor. Auch die gute, alte Adduktorenzerrung, die vor zehn, fünfzehn Jahren gerne genommen wurde, ist heute annähernd ausgestorben. Selbst der Syndesmosebandanriss wird seit Ballacks Verletzung vor der WM 2010 gnadenlos boykottiert.

Jetzt hat also der Kreuzbandriss Konjunktur. Falsches Schuhwerk, modernes, ultraschnelles Spiel mit großer Laufleistung, falsche Gymnastik? Die Gründe für die jeweils zeitgemäße Verletzung können vielfältig sein. Aber ein Hoffnungsschimmer bleibt: Wie Ballacks Ausfall 2010 letztlich eine Leistungssteigerung der Nationalmannschaft zur Folge hatte, ist vielleicht auch Khediras wahrscheinliches Fehlen bei der WM 2014 ein gutes Omen. Brasilien, wir kommen…

Das Phantomtor und warum es zum Fußball passt

Bei den meisten Sportarten geht es, einmal abgesehen vom Doping, das einige verträumte Hinterwäldler nicht in ihrer Marschtabelle zum Olympiasieg berücksichtigen, gerecht zu. Wenn ein Gewichtheber 300 kg stemmt und ein anderer nur 290 kg, hat er gewonnen. Wenn ein Läufer 10,0 sec und ein anderer 9,8 sec über 100m läuft, hat er verloren. Eindeutige Leistung, eindeutige Wertung. Beim Fußball ist alles anders. Man kann 75% Ballbesitz haben, 21:2 Torschüsse abgeben, 67% der Zweikämpfe gewinnen und trotzdem 0:3 verlieren (wenn der Gegner zu den beiden Torschüssen noch ein Eigentor erzielt). Also: Fußball ist der vielleicht ungerechteste Sport, den man sich vorstellen kann (wenn man Sportarten, in denen Punktrichter entscheiden, wie Turnen oder Dressurreiten, mal außen vor lässt, aber meistens gibt es mehrere Punktrichter aus verschiedenen Ländern, da gleicht sich der Betrug manchmal wieder aus).

Insofern ist die Aufregung um Kießlings Phantomtor völlig unbegründet. Es verdeutlicht nur geradezu mit dem Vergrößerungsglas, was tausendfach an jedem Wochenende auf allen Fußballplätzen der Welt geschieht. Warum soll ein fälschlicher Weise gegebenes Nicht-Tor schlimmer sein, als ein nicht gegebenes Nicht-Abseitstor? Jede falsch gegebene gelbe Karte, die später vielleicht zu einer ungerechten gelb-roten führt, jeder falsch erkannte Einwurf oder Eckball, kann ein Spiel ganz genau so beeinflussen, wie ein Tor, das keines ist. Trotzdem würde niemand auf die Idee kommen, wegen eines falschen Abseitspfiffes eine Spielwiederholung zu fordern. Also eindeutig: Wiederholung = Schnapsidee!

Ein kurzer Blick in die Vergangenheit zeigt auch, wie absurd Wiederholungsforderungen bei Fehlentscheidungen sind: Deutschland verehrt nach mehr als einem halben Jahrhundert noch immer die Helden von Bern. Aber man frage mal die Ungarn, die vor dem Endspiel 1954 seit vier Jahren kein Spiel mehr verloren hatten: Ihr Spielmacher Puskas war im Finale nur zu 70% fit, weil er in der Vorrunde vom deutschen Spieler Posipal (bewusst ?, gar auf Anweisung?) brutal umgetreten wurde. Auch im Endspiel ging es, so ungern ich dies zugebe, höchst ungerecht zu. Das 2:2 würde heute kein Schiedsrichter der Welt mehr anerkennen, weil Schäfer nach einem Eckball Torwart Grosics im Fünfmeterraum in Grund und Boden rammte, so dass Rahn nur noch einzuschieben brauchte. Und ob kurz vor Schluss das vermeintliche 3:3 der Ungarn wirklich aus Abseitsposition erzielt wurde, ist noch nie wirklich belegt worden (im Gegenteil, das ZDF hat eine Kurzschnipsel-Szene veröffentlicht, die kein Abseits zu zeigen scheint). Wie ungerecht – aus Sicht der Ungarn, deren ältere Fußballfans sich darüber heute noch grämen, so wie die Deutschen über das Wembley-Nicht-Tor von 1966 oder die Engländer über Maradonas Hand Gottes.

Unendlich viele Beispiele ließen sich anführen und alle zeigen nur eines: Jegliche Aufregung über Fehlentscheidungen ist zwar verständlich aber völlig überflüssig, weil sie besonders zum Fußball schon immer dazu gehören und immer dazu gehören werden. Da kann man noch so viele Torrichter, Kameras oder Chips im Ball einführen. Wer sich über Ungerechtigkeiten im Fußball aufregt, sollte sich besser auf Schach konzentrieren – und selbst da fühlen sich Neurotiker benachteiligt, weil sie nicht links sondern rechts sitzen, wo der Scheinwerfer blendet oder das rote Kleid einer Frau im Publikum irritiert…

Und jährlich grüßt die Pokalpleite…

Alles wie immer: Hertha spielt in der 2. Pokalrunde auswärts gegen eine Mannschaft aus einer unteren Liga und verliert. Da müsste man kein Wort drüber verlieren. Aber diesmal war eine Kleinigkeit anders: Zum ersten Mal, seit ich mich erinnern kann, tritt Hertha mit einer B-Elf an. Der Stammtisch schäumt (ich saß neben einem Stammtisch in Alt-Mariendorf) und fordert schon fast wieder den Kopf des Trainers, der vor ein paar Wochen noch als gottähnlich verehrt wurde.

Was aber mögen die Gründe für Jos Luhukay gewesen sein, diese Mannschaft aufs Feld zu schicken?

a)      Verwirrung des Gegners!
Wenn die Kaiserslauterer die Aufstellung lesen, sind sie durcheinander und denken, wenn der hier mit der Reserve antritt, müssen wir ja ganz schön schwach sein, was man dann auch meistens ist.

b)      Motivation der eingesetzten Spieler!
Jeder, der gegen Kaiserslautern eingesetzt wird, erhält die Chance um einen Stammplatz zu kämpfen und wird sich folgerichtig zerreißen, was auf dem Betzenberg auch unbedingt nötig ist, wie man weiß.

c)      Motivation der nicht eingesetzten Spieler!
Nach dem blutleeren Auftritt in Freiburg soll ihnen signalisiert werden,  im nächsten Spiel gegen Mainz wieder die Höchstleistung abzurufen, weil man sonst seinen Stammplatz ganz schnell los sein kann.

d)     Geplantes Ausscheiden!
Jos Luhukay wollte das Aus bewusst in Kauf nehmen, weil Hertha den Pokal letztlich sowieso nicht gewinnt und sich nach dem Aus voll und ganz auf die Bundesliga (gegen den Abstieg) fokussieren kann.

Die Punkte a) und b) waren offensichtlich Wunschdenken. Vielleicht kann sich Bayern München erlauben, mit einer B-Elf in Kaiserslautern anzutreten, was aber nicht mal sicher ist. Und außerdem heißen die B-Spieler dann Pizzarro, Rafinha, Shaqiri oder van Buyten und nicht Holland, Janker, Franz oder Cigerci. Außerdem war die Aussage von Luhukay nach dem Spiel entlarvend, als er sagte, dass man in der zweiten Hälfte spielerisch nicht gut genug war. In Kaiserslautern, und im Pokal ganz besonders, kann man aber nur über die kämpferische Schiene gewinnen.

Ob die Punkte c) und d) zutreffen, erweist sich erst in der nahen oder fernen Zukunft. Vielleicht tritt der Holländer dann ja in die großen Fußstapfen Sepp Herbergers, der aus taktischen Gründen 1954 in der Vorrunde der WM gegen Ungarn auch mit der Reservemannschaft antrat und verlor. Der Erfolg gab ihm später recht…