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Wann kommt das Pokal-Aus für Hertha?

„Die Jahre fliehen pfeilgeschwind…“ sagt Schiller im Lied von der Glocke und eh’ man sich versieht, gibt es also eine jahrzehntelange Pokalgeschichte seit Einführung der Bundesliga. Wenn es neben dem Einzug der Bayern ins Endspiel (wenn sie nicht gerade gegen St. Pauli oder Vestenbergsgreuth verlieren) noch eine Konstante des Pokals gibt, dann ist es das frühe Ausscheiden von Hertha BSC, egal in welcher Liga sie spielen, welcher Trainer das Sagen hat oder welche Mannschaft auf dem Platz steht. Auf Jahreshauptversammlungen von Hertha wird seit Jahren unter großem Gelächter der Versammelten nicht auf den running gag verzichtet, im Etatansatz den Einzug in die zweite Pokalrunde als Saisonziel auszugeben.
Seit 1963 gab es die verschiedensten Modi, um den Pokalsieger zu ermitteln: 32, 64 oder sogar 128 Mannschaften, in den Siebzigerjahren Hin- und Rückspiele, Heimvorteil für Amateure u.s.w., es war alles egal: Hertha schied immer früh aus.

Immer? Sehen wir uns die Statistik etwas genauer an. Zwei Mal erreichte Hertha, die Jüngeren können es nicht wissen und die Älteren können sich kaum noch erinnern, sogar das Finale (1977 und 1979), beide Spiele wurden mehr als unglücklich verloren. 1977 im Wiederholungsspiel (!) gegen Köln mit 0:1 (Elfmeterschießen war noch nicht erfunden) und zwei Jahre später gegen Düsseldorf in der Verlängerung 0:1 durch ein halbes Eigentor von Uwe Kliemann. Dreimal kam Hertha ins Halbfinale, erstaunlicherweise neunmal ins Viertelfinale und achtmal ins Achtelfinale. 19 Mal, also fast bei jeder zweiten Teilnahme, war allerdings in der Runde der letzten 32 Schluss, siebenmal überstand man die Runde der letzten 64 nicht, und einmal, 1974/75 unter Sir Georg Kessler, war es Hertha wohl zu anstrengend, sich bei 128 Teilnehmern bis ins Pokalfinale durchzuwursteln und schied in der ersten Runde aus. Mit Erfolg: Es folgte mit der Vizemeisterschaft Herthas beste Platzierung der Bundesligageschichte.
Jos Luhukay geht die neue Pokalrunde nach dem Motto „Wunder gibt es immer wieder…“ an und wird hoffentlich gegen Viktoria Köln, im Gegensatz zum vorigen Jahr gegen den 1.FC Kaiserslautern, mit der ersten Mannschaft antreten. Dann könnte ein knapper Sieg gegen den Viertligisten möglich sein. In der zweiten Runde ist dann ja wohl sowieso Schluss. Wenn Hertha wieder Vizemeister wird, können sie von mir aus auch schon in der ersten Runde ausscheiden…

Preisexplosion beim Bundesligafußball?

Als ich im August 1963 am ersten Spieltag der neugeschaffenen Fußball-Bundesliga meine Eintrittskarte im Olympiastadion für das Spiel Hertha BSC gegen den 1.FC Nürnberg kaufte, musste ich eine Mark (1 DM) bezahlen (Schüler bis 15 Jahre). Das Ticket meines Vaters hätte 4 Mark gekostet, wenn er sie denn bezahlt hätte (Oberring gesamt und Unterring Kurve). Leider hatten die Verantwortlichen von Hertha, damals (im Gegensatz zu heute) recht unprofessionelle Fußballliebhaber-Amateure, nicht immer den Durch- und Überblick über die Gegebenheiten des Seins und hatten, an die Berliner Stadtliga mit Zuschauerzahlen unter 10.000 gewöhnt, nur mit höchstens 40.000 Besuchern kalkuliert und eine entsprechende Zahl von Eintrittskarten drucken lassen. Es kamen aber 65.000 und viele, wie auch mein Vater, durften ohne zu bezahlen ins Stadion. Dieser leichtsinnige Umgang mit Geldern sollte sich wie ein roter Faden durch die Bundesliga-Geschichte von Hertha BSC ziehen. Zum dritten Heimspiel, gegen den Spitzenreiter und späteren Meister 1. FC Köln, waren dann genug Karten für die 85.000 Plätze gedruckt worden…
Das nur nebenbei, mein Thema waren die Preise. Heute zahlt man mit einer Dauerkarte für einen Sitzplatz zwischen 188 € und 369 €, je nach Lage des Platzes (selbstverständlich nummeriert, während früher das Prinzip „wer zuerst kommt, hat den besten Platz“ herrschte). Im Durchschnitt pro Spiel sind das also 11,06 € bis 21,71 €. Irrsinnig viel teurer? Das Brutto-Arbeitnehmereinkommen pro Jahr hat sich von 1960 (3.144 €) bis 2013 (31.089 €) gut und gerne verzehnfacht. Insofern sind die Preise, zumindest bei Hertha, in all den Jahrzehnten kaufkraftmäßig gleich geblieben, sogar leicht gesunken, wenn man 16 € als Durchschnittspreis annimmt und ihn mit den 4 Mark = 2 € von damals vergleicht. Wer hätte das gedacht…

FC St. Pauli und die Liebe der Kiezbewohner

Wenn das Hotelzimmer zufälligerweise so liegt, dass man beim Blick aus dem Fenster nicht nur ein „Fuck HSV“-Graffito an der Hauswand, sondern auch den Eingang des neuen Millerntor-Stadions sieht, muss man sich auch in der tiefsten Sommerpause zwangsläufig mit Fußball beschäftigen. Denn im Stadtteil St. Pauli fällt ja nicht nur auf, dass die Tattoodichte eine knappe Zehnerpotenz höher liegt als in Kreuzberg-Friedrichshain, sondern auch, dass die öffentliche Identifikation der Einwohner mit „ihrem“ Verein nicht gespielt ist. An jedem Haus hängt mindestens eine braun-weiß-rote St. Pauli-Fahne, als ob der Verein gerade Deutscher Meister geworden wäre, mindestens aber die Bayern geschlagen hätte; in jeder, aber wirklich jeder Kneipe oder Bar werden die Spiele des FC live übertragen, hängen Spielpläne hinter dem Tresen, laufen die Menschen mit hässlichen, braunen St. Pauli-Trikots aller Jahrgänge herum. Aber auch der von Oma selbstgestrickte Pullover mit St.Pauli-Wappen vorn und Hamburger Stadtwappen hinten (große Strickkunst!), der eigentlich auf einen Parteitag der Grünen in den frühen Achtzigerjahren gehört, darf nicht fehlen. Und wenn dann ein Saisonvorbereitungsspiel gegen Celtic Glasgow ansteht und trinkfreudige Schotten im Sechserpack friedlich durch die Straßen marschieren, wenn sie nicht gerade im Lokal sitzen, um ihren Alkoholpegel zu stabilisieren, entfaltet sich eine wohl einzigartige Atmosphäre von Fußballkultur, wie man sie heute nur noch selten erlebt: Man ist ganz weit weg von Betriebssportgemeinschaften wie Bayer Leverkusen oder VfL Wolfsburg, Milliardärshobbyvereinen wie der TSG Hoffenheim oder Marketingträgern wie RB Leipzig.
Und wenn dann 21.000 Zuschauer kommen, um sich einen traditionell müden Saisonvorbereitungskick anzusehen (1:0 für St. Pauli, Celtic aber wohl eher mit der 2. Mannschaft), dann wird klar, dass die Liebe echt ist…

Bundesliga 14/15: Was macht eigentlich Hertha?

Auch Hertha ist Weltmeister, wie wir alle! Oder sind nur die momentan 16 deutschen Spieler Weltmeister, während die 13 ausländischen Herthaner mit demütig niedergeschlagenen Augen trainieren? Wir wissen es nicht, können uns aber vorstellen, dass der WM-Dritte Jos Luhukay eine praktikable Lösung finden wird.
Hertha war nach der Hinrunde der vorigen Saison sensationell Sechster, in der Rückrundentabelle reichte es nur zu einem Abstiegsplatz. Gründe für den Abfall? Ramos traf kaum noch, Lustenbergers (und z.T. Cigercis) Verletzung, Spannungsabfall nach dem (fast) sicheren Klassenerhalt schon zu Weihnachten.
Wie sind die Aussichten für die neue Saison? Ramos hat den Verein verlassen, Lasogga kehrt nicht zurück: Eine Schwächung des Angriffs, die auch durch die Zugänge Schieber, Beerens, Haraguchi und Stocker kaum zu kompensieren ist. Im Mittelfeld geht Skjelbred zum HSV zurück, dafür kommt Hegeler, eventuell hat Baumjohann seinen Kreuzbandriss überwunden (was nicht sicher ist) und vielleicht, ganz vielleicht, platzt bei Ronny doch noch der Erstligaknoten. Die Abwehr dürfte mit Heitinga, wenn er sich nicht als müder Abzocker herausstellt, und Plattenhardt sicherer werden, vor allem falls Lustenberger mal wieder genesen sollte. Im Tor stehen die vier bewährten Kräfte zur Verfügung. Wenn die Chemie innerhalb der Mannschaft weiterhin stimmt, kann auch ohne Torjäger eine ordentliche (einstellige) Platzierung erreicht werden, wenn es jedoch einige Ausfälle gibt (Form oder Verletzung), ist eine Fortsetzung der Rückrunde mit Abstiegssorgen aber auch im Bereich des Möglichen.
Grundsätzlich ist die Transferpolitik von Manager Preetz meines Erachtens wieder ein Rückfall in überwunden geglaubte Zeiten: Es wird nicht auf dem eingespielten Kader aufgebaut, der mit zwei oder drei hochkarätigen Zugängen und einigen Talenten aus der erfolgreichen Jugend des Vereins ergänzt wird, sondern es wird mit acht Zugängen (einschließlich Bastians) bei sieben Abgängen gekleckert (Sahar nicht mitgezählt). In der gesamten Liga gab es bisher 84 Zugänge, d.h., 4 bis 5 im Durchschnitt pro Verein. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum Hertha hier mit unrühmlichem Beispiel vorangeht. Eine eingespielte Mannschaft und die Identifikation der Zuschauer mit dieser ist eine Grundlage für den Erfolg. Dass von den Neuzugängen vier deutsche Spieler vier Ausländern gegenüberstehen ist zwar nicht dramatisch, die Einkaufspolitik sollte aber eigentlich eine andere Richtung einschlagen, nämlich mehr berliner, mehr deutsche Spieler und ausländische Spieler als Sahnehäubchen wie Pantelic, Marcelinho, Dardai …
Im Erfolgsfall hat Preetz wieder alles richtig gemacht. Nur: Wehe, wenn’s nicht klappt…

54-74-90-14: Erkenntnisse vom 22.7.2014: Was bleibt in Erinnerung?

Welche Erkenntnisse bleiben denn nun vom brasilianischen Turnier, mit dem Abstand von einer Woche und 192 Ruderkilometern?

1. Der Sieger-Flieger über dem Brandenburger Tor mit dem Handyphon unscharf und wackelig, wie die Raketeneinschläge in syrischen Städten, aufgenommen und bei youtube zu sehen, zeigt der Welt: Sind wir alle locker…

2. Holland kann nicht Fußballweltmeister werden und das ist auch gut so.

3. Messi darf noch so mittelmäßig spielen, er wird trotzdem zum Spieler des Turniers gewählt. Robben war eine Klasse besser, leider (für ihn, zum Glück für den Rest der Welt) war er gegen Turnierende nicht mehr effektiv genug.

4. Die offensichtliche FIFA-Anweisung an die Schiedsrichter, mit gelben und roten Karten sparsam umzugehen, Ellenbogenchecks und Faustschläge als internationale Härte zu legitimieren und Handspiele und Abseits nach dem Zufallsprinzip zu pfeifen, lässt die „Fair-play-Aktionen“ des Weltverbandes als das erscheinen, was sie sind: Heuchlerisches Gewäsch.

5. Löw wird sich als Weltmeistertrainer, noch mehr als bisher, an Werbespots dumm und dämlich verdienen. Sein Millionengehalt vom DFB wird, verglichen mit den Werbehonoraren, zu peanuts schrumpfen. Aber es sei ihm gegönnt. Schließlich hat er alles richtig gemacht. Merke: Man muss net Hochdeutsch könne (ssscccc), um reich zu werden.

6. Die deutsche Fußballnationalmannschaft ist trotzdem nicht auf Jahre hinaus unschlagbar…

7. Ärgerlich bleibt für alle Ordnungsfanatiker, dass die Linie „54-74-90-14“ im Jahre 1990 aus der Reihe tanzt. Das ist aber die Schuld von Matthäus, Völler, Klinsmann, Brehme und Konsorten. Ab jetzt dann wirklich alle zwanzig Jahre…

8. Wie nach jeder Weltmeisterschaft: Es gibt keine Kleinen mehr, in den USA ist soccer salonfähig, der erste afrikanische Weltmeister kommt bald…

9. Straßen können leider erst zehn Jahre nach dem Tod des zu Ehrenden benannt werden, obwohl es „Neuer Weg“ wohl schon gibt. Leider müssen wir noch lange auf das warten, was am schönsten klingt: „Schweinsteigersteig“!

54-74-90-14: Erkenntnisse vom 11.7.2014: Das Spiel um Platz drei und das Elfmeterschießen

Alle vier Jahre wieder: Vor dem Spiel um Platz 3 jammern die Beteiligten, dass sie ja eigentlich viel lieber nach Hause fahren würden, als um die goldene Ananas zu spielen. Die Spiele selber gehören meist zu den besseren und interessanteren. Das liegt natürlich daran, dass regelmäßig viele Spieler eingesetzt werden, die bis dahin noch nicht gespielt hatten und die dem Trainer nachträglich gerne beweisen wollen, dass es mit ihnen vielleicht besser gelaufen wäre. Außerdem sind die Spieler relativ frisch und die Mannschaften haben nur wenige taktische Fesseln und spielen munter drauf los. Es gibt also die realistische Hoffnung, dass Holländer und Brasilianer sich nicht gegenseitig umtreten, was sie ja auch gut können.

Eine Anmerkung zum möglichen Elfmeterschießen: Selbst das Expertenblatt „11 Freunde“ übernimmt die Unsitte vieler Zeitungen oder der alten Dame Tagesschau, das Ergebnis z.B. des Halbfinales Argentinien – Niederlande mit „4:2 n.E.“ darzustellen. „n.E.“ soll natürlich „nach Elfmeterschießen“ heißen, ist aber völlig falsch bezeichnet. Richtig würde es heißen, „0:0 (4:2 n. E.)“, weil das Elfmeterschießen nur der Ermittlung des Siegers dient und nicht zum eigentlichen Spiel gehört, wie früher das Losen mit der Münze (die 1965 im Europapokal der Meister zwischen dem 1.FC Köln und dem FC Liverpool im dritten Spiel nach Verlängerung senkrecht im Schlamm stecken blieb und sich weigerte, auf diese unfaire Weise einen Sieger zu bestimmen). In der Länderspielstatistik wird das Spiel denn auch mit 0:0 und als Unentschieden gewertet, die Torschützen des Elfmeterschießens gehen natürlich nicht als Torschützen in die Statistik ein. Bei der falschen Darstellung hätte das Spiel auch 2:2 ausgehen können und das eigentliche Elfmeterschießen nur 0:2. Das hätte es aber wahrscheinlich nur mit englischer Beteiligung gegeben…

54-74-90-14: Erkenntnisse vom 10.7.2014: Wer spielt im Finale?

Die Mannschaft stellt sich eigentlich von alleine auf. Warum sollte man eine Mannschaft, die Brasilien nach den galaktischen 20 Torfestival-Minuten im Schongang besiegte, eigentlich auseinanderreißen? Taktische Erwägungen, wie eine Sonderbewachung von Messi, eine allgemeine Verstärkung der Abwehr, um es „ruhig angehen“ zu lassen, stehen doch spätestens seit dem Fiasko gegen Italien bei der EM 2012 nicht mehr zur Debatte. Wenn jemand sich taktisch etwas einfallen lassen muss, um dem deutschen Sturm und Drang widerstehen zu können, ist es doch wohl die argentinische Seite. Wenn es nicht läuft, und es deutet eigentlich wenig darauf hin, dass so ein überlegenes Spiel wie gegen Brasilien wiederholt werden kann, gibt die deutsche Bank ja noch so einiges her: Götze, Podolski, Schürrle, jeder ist für Überraschungen gut.
Nicht zur Diskussion stehen die Spieler, die bisher keine Minute in den sechs deutschen Spielen fehlten: Torhüter Neuer, Kapitän Lahm und, wer hätte das gedacht, Benedikt Höwedes, der Vielgescholtene (Kroos wurde einmal in der Nachspielzeit ausgewechselt). Obwohl einem beim Gedanken, dass ausgerechnet Höwedes Messi den Spaß am Finale nehmen soll, nicht ganz wohl ist…

54-74-90-14: Erkenntnisse vom 9.7.2014: Favorit Argentinien

Spiel 62: Niederlande – Argentinien 0:0 n.V. (2:4 im Elfmeterschießen)

Dass man, wie Argentinien 2014, mehr schlecht als recht spielen und sich durch ein Turnier bis ins Finale mogeln kann, hat die deutsche Nationalmannschaft in der Vergangenheit einige Male bewiesen.
Warum ist Argentinien trotzdem Favorit im Finale?

a) In (Süd)-Amerika ist noch nie (bei bisher sieben Turnieren) eine europäische Mannschaft Weltmeister geworden (Zeit wird’s ja).
b) Im Gegensatz zu den Brasilianern verfügen die Argentinier über eine funktionierende Abwehr.
c) Trotz aller Dementis und anderslautender Aussagen von Spielern, Trainerstab, sonstigen Mitgliedern des DFB-Trosses und aller Experten von Mehmet Scholl über Oliver Kahn bis zu Kanzlerin Merkel, gehen alle selbstverständlich von einem (klaren) Sieg der deutschen Mannschaft aus. Das schleichende Gift der Überheblichkeit merkt man zwar nicht, es wirkt aber schon…
d) Die deutsche Mannschaft hat sich in vier Spielen (Ghana, USA, Algerien und Frankreich) sehr schwer getan gegen Mannschaften, die konsequent defensiv spielen und schnell kontern. Gegen Portugal war nach Elfmeter und Platzverweis kein „normales“ Spiel mehr gegeben und Brasilien existierte zwanzig Minuten nicht als Mannschaft. Trotzdem hat Brasilien die deutsche Mannschaft in der Viertelstunde nach der Pause des öfteren in Bedrängnis gebracht.
e) Messi hat schon mehrmals bei diesem Turnier das Spiel durch eine letzte Verzweiflungstat entschieden. Ganz ist der Mann, auch wenn er meilenweit von seiner Hochform von vor zwei Jahren entfernt ist, nicht auszuschalten.
f) Seit Frau Merkel Kanzlerin ist, hat die deutsche Mannschaft kein Turnier mehr gewonnen. Dieses Argument wiegt sicher schwerer als alle vorhergehenden.

Was spricht gegen die Argentinier? Es ist von der Ansetzung und von der voraussichtlichen Stimmung her ein Heimspiel für die deutsche Mannschaft. Und wenn Neuer, Kroos, Schweinsteiger und Khedira, der gegen Brasilien in sensationeller Verfassung war, wieder gut drauf sein sollten, könnte der Favorit ins Straucheln geraten…

54-74-90-14: Erkenntnisse vom 8.7.2014: So kann man sich irren: Kein Elfmeterschießen!

Spiel 61: Brasilien – Deutschland 1:7

Manuel Neuer wird ganz schön sauer sein: Haben ihm seine Vorderleute, wie schon gegen Algerien, in den letzten Sekunden durch Konzentrationsschwäche doch wieder ein Zu-Null-Spiel versaut. Was gegen Frankreich, die USA und Portugal gelang, verpasste die deutsche Mannschaft im Spiel gegen Brasilien um weinige Sekunden. Wenn man weiter ein paar Haare in der Gourmet-Suppe finden will, könnte man das beträchtliche Schwächeln der Abwehr in der Viertelstunde nach der Pause anführen. Da hätten gut und gerne zwei, drei Tore für Brasilien fallen können und man weiß ja nicht erst seit dem Berliner Schwedenspiel, dass, wenn eine hoch führende Mannschaft ihr Spiel ein paar Gänge hinunterschraubt, ein Spiel nach einem Anschlusstreffer auch noch kippen kann. Aber diese kleinen Anmerkungen sind natürlich Meckerei auf allerhöchstem Niveau. Schließlich durften wir Zeuge eines fußballhistorisch fast einmaligen Ereignisses werden. Ich sage fast, weil ich jetzt endlich verstehe, warum unsere Altvorderen so enthusiastisch vom 1954-er Halbfinalspiel berichteten. Deutschland schlug Österreich mit 6:1 und zog ins Berner Endspiel gegen Ungarn ein. Nun gut, denkt sich der unwissende Zeitgenosse, Österreich eben… Nein, Österreich war damals, wenn es diese unsägliche Weltrangliste der FIFA schon gegeben hätte, die Nr. 2 auf der Welt, hinter Ungarn und Deutschland befand sich vielleicht auf Rang 25. Deutschland war noch hinter der Türkei eingestuft und musste deshalb in der Vorrunde gegen die höher eingeschätzten Ungarn (3:8) und die Türkei (4:1 und 7:2) antreten, nicht aber gegen Südkorea. Sonderbarer Modus. Und genau so, wie Fritz Walter und seine Zeitgenossen von diesem Halbfinale als vielleicht bestem Spiel aller Zeiten einer deutschen Nationalmannschaft schwärmten, werden wir mit verklärtem Blick noch in Jahren und Jahrzehnten vom 7:1 gegen Brasilien am 8.7.2014 in Belo Horizonte berichten. Dieses Spiel wird keiner, der es gesehen hat, jemals in seinem Leben vergessen…

54-74-90-14: Erkenntnisse vom 7.7.2014: Endspielteilnehmer gesucht

Zum Spiel Brasilien gegen Deutschland ist mittlerweile so viel gesagt, dass es das Farbband, wenn man noch mit einer guten, alten Schreibmaschine schreiben würde, nicht wert wäre, noch ein Wort zu… Aber zum Tangotanzen benötigt man ja bekanntermaßen immer zwei. Was ist mit dem Endspielgegner Brasiliens oder Deutschlands? Argentinien und Holland haben bisher (außer Holland gegen Spanien) keinerlei Bäume ausgerissen. Insofern wäre der Sieger aus Brasilien-Deutschland sicher leichter 55:45-Favorit. Aber welche Paarung wollen wir eigentlich haben? Brasilien gegen Holland oder gegen Argentinien gab es noch nicht, hätte also den Reiz des Neuen. Holland-Deutschland gab es schon einmal, die Holländer lechzen danach, sich für 1974 zu rächen oder sagen wir freundlicher, zu revanchieren. Deutschland-Argentinien gab es schon zwei Mal, 1986 siegte Argentinien mit Maradona 3:2 und vier Jahre darauf gewann Deutschland hochverdient (10:0 Torchancen), trotz eines lächerlichen Elfmeters, 1:0. In diesem Duell steht es also unentschieden, sehr reizvolle Voraussetzung. Wenn es nach mir ginge (es fragt mich aber leider niemand), würde ich Deutschland-Holland favorisieren: Man stelle sich nur das Drama vor, wenn Holland auch sein viertes Weltmeisterschafts-Endspiel verloren hat! Und Dramen haben ja immer, besonders im Fußball, so etwas ganz besonderes, von dem man noch lange spricht…