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Die neue Saison und das offizielle Mannschaftsfoto

Emir Spahic ist nicht darauf, weil er zu dem Verein wechselt, der ihn verdient, aber 26 Spieler (neben einer Unzahl von zur Mannschaft gehörenden Trainern, Betreuern, Ärzten etc.), darunter nicht weniger als fünf Torhüter, sind darauf verewigt: Dem offiziellen Mannschaftsfoto von Hertha BSC für die Saison 2015/16. Es fehlen nur Nico Schulz und John Antony Brooks, die ja noch in ihrer Nationalmannschaft spielen, bzw. noch im Urlaub sind, die später „eingeklinkt“ werden, wie es im Fachjargon heißt.
Natürlich geht das wahrscheinlich nicht anders, der Termindruck durch das unbarmherzig näherrückende Erscheinungsdatum des Kicker-Sonderheftes zur neuen Saison gebietet das frühzeitige Aufnehmen. Das Foto allerdings, dass später in allen Sportzeitungen durch die Saison geistern und das Pannini-Album zieren wird, wird nur annähernd das wiedergeben, was es eigentlich darstellen soll: den Kader von Hertha der Saison 15/16. Mindestens drei bis fünf Spieler werden den Verein noch verlassen (müssen) und ähnlich viele werden, wie man Sportchef Preetz kennt, kommen, d.h., dass es ca. zehn Änderungen geben wird. Schon fünf Torhüter auf dem Foto sind eigentlich ein Witz, es sei denn, Kraft und Burchert sollen wirklich, wie neulich im Testspiel ausprobiert, zum Verteidiger umgeschult werden. So gut wie van den Bergh dürfte Burchert allemal sein.

Aber vielleicht sollte man sich doch mal wieder an den guten alten Spruch erinnern: „Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen.“: Der Genosse Stalin ließ, nachdem er mal wieder einen Widersacher hatte liquidieren lassen, die Gruppenfotos des Politbüros für die Nachwelt gnadenlos retuschieren. Warum nicht auch die Mannschaftsfotos der Bundesligisten, zumal Spieler heute nur verkauft und nicht umgebracht werden, wenn man ihre Dienste nicht mehr benötigt. Und schlimm wäre es nicht, wenn man kurzfristig die Köpfe von Wagner, van den Bergh und Niemeyer (leider!), durch X, Y und Z ersetzen würde. Fotoshop vereinfacht die Sache erheblich. Nur bei Ronny müsste man etwas genauer aufpassen…

Hertha und der Transfermarkt…

Erfreulich , erfreulich: Endlich wird man bei Hertha schlau und hält sich mit den Transfers für die neue Spielzeit dezent zurück. Während einige der solventen Bundesligisten kurz nach der Winterpause ihre ersten Neuzugänge meldeten und der Stadtrivale Union zum Saisonende fast täglich eine Neuverpflichtung bekanntgab, herrscht bei Hertha vornehme Funkstille. Vielleicht ist Sportdirektor Michael Preetz nach dem Transferwahn der letzten Saison, als es neun neue Spieler zu integrieren galt, woran Trainer Luhukay letztlich scheiterte, zur Besinnung gekommen und kauft nicht, was dubiose Spielerberater wie Sauerbier anbieten, sondern was charakterlich und spielphilosophisch zum Team passt. Und wenn nachher nur zwei Neue kommen: Auch gut. Wenn jeder vorhandene Spieler zusätzlich nur drei Prozent besser gemacht wird (wie auch immer man so etwas messen will) und durch die dann klug ausgewählten Neuen ein paar weitere Prozent dazukommen, ist es laut dem einstigen Hertha-Trainer Favre so, als ob die Mannschaft einen Spieler mehr auf dem Platz hat.
Schaun wir mal, was der Preetz macht. Mich beunruhigt es auf jeden Fall überhaupt nicht, wenn ich im U-Bahn-Fernsehen zwar täglich die Transfers der Konkurrenz zur Kenntnis nehmen muss, von Hertha aber weit und breit nichts zu hören ist.
Vielleicht ist Herthas Sportdirektor aber vom Saisonfinale und der folgenden Mitgliederversammlung noch so erschöpft, dass er erstmal auf einer einsamen Insel neue Kräfte sammelt, um dann umso stärker zuzuschlagen. Hoffentlich erholt er sich nicht so schnell…

Michael Preetz und die Finalisierung …

Michael Preetz hatte es auf der Mitgliederversammlung von Hertha BSC am 26.5.2015, drei Tage nach dem souveränen Nichtabstieg und dem Vermeiden der Relegation durch das bessere Torverhältnis im Vergleich zum HSV, nicht leicht. Es ist aber nicht so, dass sich die Wogen der Enttäuschung der Hertha-Mitglieder über das dürftige Abschneiden der Mannschaft noch nicht geglättet hätten, nein – die Chemie zwischen einem großen Teil der (anwesenden) Herthaner und dem Sportchef Michael Preetz stimmt einfach nicht, auch wenn dies im Protokoll der Mitgliederversammlung auf der offiziellen Hertha-Website mit keinem Wort erwähnt wird.
Im Mittelalter wurden die Juden als Sündenbock für angebliche Brunnenvergiftung ermordet. Viele Herthaner haben da einen Quantensprung in Sachen Zivilisation gemacht: Sie fordern den Kopf von Preetz nur noch symbolisch, weil sie ihn für alles verantwortlich machen, was nicht nach den genehmen Wünschen des blau-weißen Anhängers läuft. Steigt die Mannschaft ab: Preetz ist schuld (steigt das Team auf, sind es die Fans, die die Mannschaft in die erste Liga gebrüllt haben). Wird ein Trainer entlassen (oder nicht entlassen oder zu spät oder zu früh entlassen): Preetz ist schuld. Erfüllt der neue Spieler die Erwartungen nicht: Richtig – Preetz ist schuld! Scheidet die Mannschaft wieder mal in der ersten oder zweiten Pokalrunde, und sei es im Elfmeterschießen, aus: Natürlich, der Preetzer…
Selbstverständlich: Verantwortlich ist Preetz, aber ist deshalb alles schlecht, was er macht? Der jetzige Kader, in dem ja nicht nur Pfeifen spielen, auch wenn die Saison unbefriedigend verlief (aber Hinrunde 2013/14: 28 Punkte als Aufsteiger!!!), wurde bis auf Lustenberger, vollständig von Preetz zusammengestellt. Dass es da einige Spieler gibt, die nicht der Brüller sind, ist klar, aber man zeige mir den Manager, der noch nie einen Fehleinkauf getätigt hat. Natürlich hat es ein Klaus Allofs leichter, konnte er doch für De Bruyne, Gustavo und Schürrle schlappe 70 Millionen Euro aus der VW-Kasse ausgeben. So viel wird Preetz wahrscheinlich in seiner gesamten Laufbahn als Sportdirektor, und wenn sie noch zwanzig Jahre dauern sollte, nicht ausgeben können.
Preetz` Problem ist in erster Linie, dass er diese Fakten dem Volk nicht erklären kann. Er könnte doch einfach sagen, dass er nicht, wie sein Vorgänger (der den Verein mit 50 Millionen Schulden fast in die Pleite getrieben hat), verantwortungslos Geld verbrennen will, das gar nicht vorhanden ist. Er könnte doch sagen, dass er mit Pal Dardai über dessen Weiterbeschäftigung verhandelt, und dass es dabei einiges zu besprechen gibt. Stattdessen spricht er von „Finalisierung“ der Zusammenarbeit. Da denken viele Fans doch gleich wieder an das Pokalfinale. Michael Preetz muss nicht dem Volk nach dem Munde reden, aber verständlich sollten seine Ausführungen schon sein. Wer dreimal das Wort „finalisieren“ benutzt, wenn er meint, dass Gespräche zu einem guten Ende geführt werden sollen, muss sich nicht wundern, wenn er als arrogant bezeichnet wird.
Ergo: Weiter für Hertha arbeiten, Kontinuität als oberstes Prinzip walten lassen, nicht neun, sondern nur drei neue, charakterstarke Spieler (also kleine Dardais) pro Saison verpflichten und die anderen besser machen, jedes Jahr einen Spieler aus der Jugend in den Kader einbauen, nicht auf das Geschwätz der Leute hören, wohl aber ihnen die Handlungen so erklären, dass sie es verstehen.
Und wenn Hertha in der kommenden Saison einen einstelligen Tabellenplatz erreicht (was aus jetziger Sicht zwar utopisch erscheint, aber nicht völlig unmöglich ist) hört der Berliner sowieso auf zu meckern: „Ha ick doch schon imma jesacht…“

Neuer Trainer bei Schalke und Nichtabstieg bei Hertha

Wie so oft im Leben habe ich mich total geirrt: Am 8.10.2014 schrieb ich in dieser Rubrik, dass Schalkes neuer Trainer di Matteo wohl in einem halben Jahr das sinkende Schiff werde verlassen müssen. Völlig falsch! Jetzt ist di Matteo schon über sieben Monate im Amt und wird es sicher noch eine Woche bleiben. Dann dürfte aber nun wirklich Schluss sein, nachdem die Schalker Fans die Mannschaft nach dem Spiel gegen Paderborn wegen ihres desaströsen Gekickes wutschnaubend in die Sommerpause verabschiedeten. Vereinzelt sollen im Fanblock schwarz-gelbe Schals gesichtet worden sein. Trotzdem hat Schalke mit himmlischem Beistand (der Papst ist ja wohl mit seiner Wahl automatisch Mitglied bei Schalke) die Europa-Liga erreicht, was wahrlich einem Wunder gleichkommt.
Ein Wunder wäre es auch, wenn Hertha nach durchwachsener Saison noch absteigen müsste. Direkt geht es zwar nur, wenn der HSV gegen Schalke zweistellig gewinnt, was trotz des Trainers Matteo kaum möglich sein dürfte, oder Hertha zweistellig verliert, was nach dem 0:5 im Hinspiel zwar nicht völlig ausgeschlossen ist, mit Hilfe der stabilisierten Abwehr jedoch verhindert werden sollte. Insofern ist der Punkt aus dem Frankfurt-Spiel vielleicht noch Gold wert, denn wer glaubt denn ernsthaft, dass Stuttgart in Paderborn gewinnt (Chancen 50:50) UND Freiburg gegen Hannover unentschieden spielt (Chance 1:3) UND Hertha mit mehr als einem Tor Differenz in Hoffenheim verliert (Chance 40:60). Insgesamt also eine 11-%- Chance (!) für die Relegation. Nun gut, man kennt ja Hertha, könnte man sagen, aber vertrauen wir mal auf Paderborn. Die werden bis zum letzten Tropfen Paderborner Pils kämpfen und gegen Stuttgart nicht verlieren…
Interessant übrigens: Wenn das Spiel Hannover gegen Freiburg 0:0 endet und Hertha in Hoffenheim 3:5 verliert, sind Hertha und Hannover punkt- und torgleich. Leider spräche dann der direkte Vergleich für Hannover. Aber soweit wird`s nicht kommen.

Aus Fehlern lernen…

Intelligent ist man, wenn man aus Fehlern zu lernen vermag! Dementsprechend ist die Führung des FC Bayern München in Gestalt ihres Trainers Pep Guardiola saudumm. Denn genau wie im Vorjahr, nachdem man frühzeitig Deutscher Meister geworden war und offensichtlich die Bundesligaspiele aus dem Fokus verloren hatte (Niederlage gegen Augsburg, Einsatz von „Perspektivspielern“= Wettbewerbsverzerrung), lässt man sich auch in diesem Jahr wieder hängen und verliert in Leverkusen (was passieren kann, aber nicht auf diese Art), weil man etliche Spieler, die nicht unbedingt zur Creme der Weltspitze gehören, einsetzt (Strieder, Gaudino, Weiser, Görtler, ebenso Dante, Pizarro). Nun gut, „Was geht uns die Qualifikation zur Champions-League der zweitklassigen Gladbacher oder Leverkusener an!“ denken sich die Bayern, womit sie zweifellos Recht haben. Aber dass sie im Vorjahr nach dem großen Abschlaffen mit 0:4 gegen Real aus der Champions-League geflogen sind, scheinen sie vier Tage vor dem Spiel im Halbfinale gegen Barcelona vergessen zu haben. Es wäre schon ein Wunder, wenn sich das Desaster vom Vorjahr nicht wiederholen würde. Dann würde das Sprichwort des Tages heißen: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Pep nimmermehr…“.

Auf der anderen Tabellenseite ist Hertha, obwohl einem alle Oberschlauberger seit Wochen das Gegenteil einreden wollen, wieder ganz nahe am Absturz. Wenn in Dortmund verloren wird, was angesichts der beiden knappen Spiele gegen Gladbach und Bayern noch keineswegs sicher ist, kommt es am übernächsten Sonnabend zum Abstiegsendspiel gegen Eintracht Frankfurt. Wenn die Frankfurter gegen Hoffenheim nicht gewinnen, könnte Hertha mit einem Sieg im Olympiastadion an den Hessen vorbeiziehen. Aber wie viele Nerven wird das kosten und sicher ist das keineswegs. Jetzt wird erst klar wie verheerend die zwei Tore zum 4:4 im Hinspiel gegen Frankfurt in der Nachspielzeit waren. Hätte man dort gewonnen, sähe die blau-weiße Welt wesentlich entspannter aus. Aber vielleicht hat Hertha ja mal zur Abwechslung das Glück des Tüchtigen. Denn tüchtig sind sie, seit Dardai und der nicht zu unterschätzende Widmeyer das Training übernommen haben, allemal…

Klopp und Knäbel – ein Vergleich

Zugegeben: Der Vergleich hinkt und ist ein bisschen unfair. Andererseits: Warum soll man nicht einen Bundesligatrainer mit einem anderen vergleichen. Ein Nacktmull ist ein Nacktmull. Nur im Vergleich zu, sagen wir, Dieter Bohlen, erscheint uns der Nacktmull plötzlich als hübsche und liebenswerte Kreatur.
Jürgen Klopp ist ein Trainer, der jetzt, leider kurz nach dem Höhepunkt seiner Erfolge (aber das kann man ja vorher nie wissen) bei Borussia Dortmund aufhört. Das ehrt ihn einerseits, ist andererseits aber auch nicht ganz uneigennützig, denn wenn Dortmund noch so eine Saison spielt wie die derzeitige, würde das Denkmal Klopp doch erheblich Risse bekommen. Insgesamt aber eine große Zeit für die Schwarz-gelben. Nicht ganz so reibungslos verlief die Trainerkarriere von Peter Knäbel: Selbst erst im Laufe der Saison als Sportdirektor von Dietmar Beiersdorfer beim HSV installiert, währte sie genau zwei Spiele und zwei Niederlagen lang und erreichte das ernüchternde Torverhältnis von 0 : 6 sowie eine Kabinenschlägerei zwischen zwei Spielern, was nicht auf volle Konzentration auf den Abstiegskampf hindeutet. Zwei Spiele als Trainer sind zwar keineswegs Bundesligarekord (Jörn Anderson wurde als Nachfolger von eben jenem Jürgen Klopp nach dem Aufstieg von Mainz noch vor dem ersten Spiel entlassen.), vier Trainer in einer Saison gab es ebenfalls schon, fünf sind mir nicht bekannt. Also: Gut gemacht HSV – Rekord eingestellt.
P.S.: Wenn Hertha BSC in einer Saison vier Trainer benötigte, sind sie stets abgestiegen: 1991 mit Werner Fuchs, Pal Csernai, Peter Neururer und Karsten Heine ebenso wie 2012 mit Markus Babbel, Michael Skibbe, René Tretschok/Ante Covic und Otto Rehhagel.
Das wird beim HSV wohl nicht anders sein…