Michael Preetz und die Finalisierung …

Michael Preetz hatte es auf der Mitgliederversammlung von Hertha BSC am 26.5.2015, drei Tage nach dem souveränen Nichtabstieg und dem Vermeiden der Relegation durch das bessere Torverhältnis im Vergleich zum HSV, nicht leicht. Es ist aber nicht so, dass sich die Wogen der Enttäuschung der Hertha-Mitglieder über das dürftige Abschneiden der Mannschaft noch nicht geglättet hätten, nein – die Chemie zwischen einem großen Teil der (anwesenden) Herthaner und dem Sportchef Michael Preetz stimmt einfach nicht, auch wenn dies im Protokoll der Mitgliederversammlung auf der offiziellen Hertha-Website mit keinem Wort erwähnt wird.
Im Mittelalter wurden die Juden als Sündenbock für angebliche Brunnenvergiftung ermordet. Viele Herthaner haben da einen Quantensprung in Sachen Zivilisation gemacht: Sie fordern den Kopf von Preetz nur noch symbolisch, weil sie ihn für alles verantwortlich machen, was nicht nach den genehmen Wünschen des blau-weißen Anhängers läuft. Steigt die Mannschaft ab: Preetz ist schuld (steigt das Team auf, sind es die Fans, die die Mannschaft in die erste Liga gebrüllt haben). Wird ein Trainer entlassen (oder nicht entlassen oder zu spät oder zu früh entlassen): Preetz ist schuld. Erfüllt der neue Spieler die Erwartungen nicht: Richtig – Preetz ist schuld! Scheidet die Mannschaft wieder mal in der ersten oder zweiten Pokalrunde, und sei es im Elfmeterschießen, aus: Natürlich, der Preetzer…
Selbstverständlich: Verantwortlich ist Preetz, aber ist deshalb alles schlecht, was er macht? Der jetzige Kader, in dem ja nicht nur Pfeifen spielen, auch wenn die Saison unbefriedigend verlief (aber Hinrunde 2013/14: 28 Punkte als Aufsteiger!!!), wurde bis auf Lustenberger, vollständig von Preetz zusammengestellt. Dass es da einige Spieler gibt, die nicht der Brüller sind, ist klar, aber man zeige mir den Manager, der noch nie einen Fehleinkauf getätigt hat. Natürlich hat es ein Klaus Allofs leichter, konnte er doch für De Bruyne, Gustavo und Schürrle schlappe 70 Millionen Euro aus der VW-Kasse ausgeben. So viel wird Preetz wahrscheinlich in seiner gesamten Laufbahn als Sportdirektor, und wenn sie noch zwanzig Jahre dauern sollte, nicht ausgeben können.
Preetz` Problem ist in erster Linie, dass er diese Fakten dem Volk nicht erklären kann. Er könnte doch einfach sagen, dass er nicht, wie sein Vorgänger (der den Verein mit 50 Millionen Schulden fast in die Pleite getrieben hat), verantwortungslos Geld verbrennen will, das gar nicht vorhanden ist. Er könnte doch sagen, dass er mit Pal Dardai über dessen Weiterbeschäftigung verhandelt, und dass es dabei einiges zu besprechen gibt. Stattdessen spricht er von „Finalisierung“ der Zusammenarbeit. Da denken viele Fans doch gleich wieder an das Pokalfinale. Michael Preetz muss nicht dem Volk nach dem Munde reden, aber verständlich sollten seine Ausführungen schon sein. Wer dreimal das Wort „finalisieren“ benutzt, wenn er meint, dass Gespräche zu einem guten Ende geführt werden sollen, muss sich nicht wundern, wenn er als arrogant bezeichnet wird.
Ergo: Weiter für Hertha arbeiten, Kontinuität als oberstes Prinzip walten lassen, nicht neun, sondern nur drei neue, charakterstarke Spieler (also kleine Dardais) pro Saison verpflichten und die anderen besser machen, jedes Jahr einen Spieler aus der Jugend in den Kader einbauen, nicht auf das Geschwätz der Leute hören, wohl aber ihnen die Handlungen so erklären, dass sie es verstehen.
Und wenn Hertha in der kommenden Saison einen einstelligen Tabellenplatz erreicht (was aus jetziger Sicht zwar utopisch erscheint, aber nicht völlig unmöglich ist) hört der Berliner sowieso auf zu meckern: „Ha ick doch schon imma jesacht…“

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