Zahlen lügen doch!

St. Pauli schlägt Hertha 2 : 1 und ist neuer Spitzenreiter der 2. Liga. Hertha verliert ein Heimspiel knapp und steht in der Nachspielzeit, als selbst Torwart Ernst mitstürmt, kurz vor dem Unentschieden. Soweit alles normal. Wer das Spiel gesehen hat, weiß aber, dass St. Pauli so hoch überlegen war, dass ein 0 : 5 noch ein schmeichelhaftes Ergebnis gewesen wäre. Hertha rannte im ganzen Spiel (abgesehen von den letzten 10 Minuten) den Pauli-Spielern, die den Ball wunderbar sicher und schnell laufen ließen (getreu der alten Sepp-Herberger-Regel:“Der Ball ist schneller als die Spieler“) hinterher, ohne in die Zweikämpfe zu kommen, immer mit großem Abstand zum Gegner und mit sofortigem Ballverlust nach Fehlpass, wenn der Ball doch einmal erobert wurde.

Und was sagt die Statistik?

Zweikämpfe: 51 : 49 %, also fast ausgeglichen

Ballbesitz: 48 : 52 %, also fast ausgeglichen

angekommene Pässe: 80 : 83 %, also fast ausgeglichen

Laufleistung: 122 : 126 km, also mit leichten Vorteilen für St. Pauli

Flanken: 15 : 11, also war Hertha hier besser

Eckbälle: 7 : 3, Überlegenheit für Hertha

Torschüsse: 10 : 25, einziger Wert mit Vorteilen für St. Pauli.

Das bedarf der Interpretation: Dass die Zweikampfwerte fast ausgeglichen waren, liegt daran, dass es wenige Zweikämpfe gab, da die Hamburger sich durch schnelles Abspielen den Zweikämpfen weitgehend entzogen. Der fast ausgeglichene Ballbesitz ist durch den unglaublich langsamen Aufbau der Hertha-Abwehr, vor allem von Kempf und Leistner zu erklären, die den Ball nach jedem Abstoß mehrmals hin- und her spielten, was zwar keinen Raumgewinn, wohl aber Zeit einbrachte, in denen die Hamburger nicht am Ball waren. Insofern ein unsinniger statistischer Wert. Ebenso ist die Zahl der angekommenen Pässe zu erklären. Mindestens die Hälfte der Pässe bestand aus dem beschriebenen Hin- und her-Geschiebe der Innenverteidiger, manchmal unter Einbeziehung des Torwarts und der Außenverteidiger. Bei offensiven Spielsituationen betrug demnach die Zahl der angekommenen Pässe um die 50 %, ein katastrophaler Wert für Menschen, die Fußball angeblich beruflich betreiben. Der bessere Wert bei Flanken und Eckbällen ist einzig und allein auf die Schlussminuten und die Verlängerung zurückzuführen, als Hertha nach dem Anschlusstor Druck machte und St. Pauli wirklich noch wankte. Mehrere Ecken hintereinander und hohe Flanken in den Strafraum waren die Folge. Genauso mindestens 5 der 10 Hertha-Torschüsse, während St. Pauli neben den 25 Torschüssen mindestens genauso oft gefährlich im Strafraum war und Bälle in letzter Zehntelsekunde geblockt und von den Hamburgern leichtfertig vertändelt wurden. Eine richtig fette Klatsche für Hertha (wie in der ersten Liga in der Abstiegssaison gegen Wolfsburg und Bremen) hätte die Folge sein können.

Fazit: Die Spieldaten sagen nur dem etwas, der ein Spiel gesehen hat und es kritisch zu betrachten weiß.

Arme Hertha. Aus den beiden folgenden Auswärtsspielen gegen die gerne als Altmeister bezeichneten Gelsenkirchener und Nürnberger sollten mindestens vier Punkte geholt werden. Bei zwei Niederlagen wäre Hertha endgültig im Abstiegskampf angekommen.

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