Neun kleine Spieltäglein…

Das hat ja schon mal nicht geklappt, mit dem keinesfalls erwarteten, aber umso mehr erwünschten Heimsieg gegen Frankfurt. Im Gegenteil. Hertha wurde vorgeführt und auch wenn man beim Stande von 0:1 vielleicht einen Elfmeter hätte bekommen müssen und auch wenn das dritte Tor ein Geschenk des Torwarts war (Sascha-Burkhardt-Gedächtnistor) und auch…Man kann viel lamentieren, Tatsache ist, dass der Verein und die „Mannschaft“ momentan ein Bild des Jammers darstellen, wie selten in der Geschichte des Vereins seit 1963, und das will schon was heißen:

Dem Vorsitzenden Gegenbauer sind vielleicht noch die geringsten Vorwürfe zu machen, aber immerhin stellt er weder den sportlichen Leiter (Fredi Bobic) noch den Finanzvorstand (Ingo Schiller) in Frage. Gerade hinter Schiller müsste ein großes Fragezeichen stehen, ist er doch der Hauptverantwortliche für die Affäre Windhorst. Die Schönrechnerei der katastrophalen finanziellen Lage des Vereins und jegliche fehlende Transparenz, die sich hinter bunten graphischen Darstellungen verbirgt, können neben dem sportlichen auch schnell den wirtschaftlichen Ruin herbeiführen. Wenn ein Kader 90 Millionen im Jahr kostet und gleichzeitig (natürlich auch, aber nicht nur wegen Corona) 90 Millionen Jahresdefizit anfallen, stimmt offensichtlich etwas nicht. Der Deal mit Lars Windhorst, einem der windigsten Geschäftsleute der Republik, hätte niemals begonnen werden dürfen. Pakte mit dem Teufel gehen nur kurzfristig gut und bei Hertha war nicht einmal das der Fall.

Der als Retter gepriesene Fredi Bobic, der in Frankfurt durchaus Erfolge hatte und dort eine gute Mannschaft zusammenstellte, hat bisher nur Misserfolg zu verantworten. Die Entlassung von Dardai, trotz aller Lippenbekenntnisse zu Kontinuität, war ein katastrophaler Fehler. Es stimmt, dass die Saison unter Dardai nicht gut lief, es stimmt auch, dass eine spielerische Entwicklung nicht zu erkennen war, aber lag dies nicht zuerst an den vorhandenen Spielern und nicht am Trainer. Trotzdem hätte man eine Trennung von Dardai rechtfertigen können, wenn ein Trainer „auf dem Markt“ gewesen wäre, dem man nach seinen Erfolgen in der Vergangenheit Großes zutrauen könnte. Jürgen Klopp, Thomas Tuchel, selbst Lucien Favre wären Namen, die den Verein hätten weiterbringen könnten. Sie standen aber natürlich nicht mal ansatzweise zur Debatte. Statt dessen einen zwar äußerst sympathischen, nicht von ungefähr aber seit drei Jahren beschäftigungslosen Trainer zu verpflichten, grenzt schon daran, russisches Roulette zu spielen.

Und schließlich die Spieler. Natürlich verlieren sie nicht absichtlich. Natürlich haben sie auch unter Korkut gute Spiele und zumindest einige recht ordentliche Halbzeiten gespielt. Aber es fehlt der Zusammenhalt, der Spirit, das System. Wie auch bei zwölf Zugängen und siebzehn Abgängen (!) ?Jeder Spieler wird im Laufe der Zeit bei Hertha schlechter. Ob Serdar, Richter, Boyata oder Jovetic: Alle bringen nur noch Teilleistungen im Vergleich zum Saisonbeginn. Man lässt einen Kämpfer wie Torunarigha in der Winterpause gehen und verpflichtet einen Lee, der absolut jegliche Bundesligatauglichkeit vermissen lässt. Und der Trainer setzt diesen Lee gegen Frankfurt in einem entscheidenden Spiel fast 60 Minuten lang ein, in denen er keinen einzigen Zweikampf gewinnt und verweist einen Belfodil, der in den letzten Wochen der mit Abstand beste Hertha-Angreifer war (was immer das objektiv heißen mag) auf der Bank. Unverständlich.

Fassen wir kurz zusammen:

Bei Hertha stimmt es in dieser Saison weder in der sportlichen und finanziellen Leitung des Vereins, noch in der Besetzung des Trainers, noch in der mentalen Verfassung der Mannschaft. Wenn man unter diesen Voraussetzungen die Klasse halten und nicht absteigen würde, müsste man nach Santiago de Compostella pilgern, eine Kerze anzünden und Gott für ein Wunder danken…

P.S.: Mönchengladbach am kommenden Sonnabend ist eine der fünf Mannschaften, gegen die man nach menschlichem Ermessen noch punkten kann. Realistisch ist das zwar nicht, aber …

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