Kontinuität auf Bobic-Art

Das ist doch mal ein Wort, dachte man, als der neue starke Mann bei Hertha, Fredi Bobic, in einer seiner ersten Pressekonferenzen davon sprach, dass Kontinuität auf dem Trainerposten oberstes Gebot sei. Fünf Trainer in zwei Jahren seien viel zu viel, da kann eine Mannschaft keine Linie erkennen…Und was der weisen Sprüche mehr waren.

Jetzt herrscht Kontinuität nur insofern, dass der Trainer nach 13 Spielen gehen muss, obwohl, wie Bobic selber sagt, die Lage nicht allzu ernst, geschweige denn hoffnungslos sei. Und liegt es am Trainer, wenn die Mannschaft in vier Heimspielen in der Nachspielzeit, bzw. kurz vor Schluss, Punkte verschenkt (Wolfsburg, Freiburg, Leverkusen, Augsburg)? Vielleicht ja, Konzentration bis zum Schlusspfiff kann man eventuell üben, vielleicht auch nicht. Ist der Trainer auch für Pfostenschüsse verantwortlich? Oder für drei-cm-Abseitsstellungen? Oder für falsches (Nicht-)Eingreifen des Kölner Kellers? Die Fragen muss jeder ehrlich sich selber beantworten.

Tatsache ist, dass Hertha in dieser Saison oft langweiligen, uninspirierten, unstrukturierten Fußball spielte. Aber dass das nur am Trainer und nicht auch an der immer noch schlecht zusammengestellten Mannschaft liegt, ist unwahrscheinlich.

Dardais Verdienste sind wahrlich nicht klein. Als Nationaltrainer hat er Ungarn seit Menschengedenken erstmals wieder zu einem großen Turnier geführt. Er hat Hertha vor dem Abstieg gerettet und anschließend zwei Mal auf Europapokalplätze geführt, wenn auch einmal nur in die Qualifikation. Alles zu Zeiten, als Hertha immer noch den Schulden-Rucksack von Dieter Hoeness mit sich herumschleppte und Transfers nur eingeschränkt möglich waren. Er hat nach seiner Meditationspause am Plattensee die Mannschaft Anfang 2021 in einer aussichtslosen Situation, als sie wegen Corona gesperrt war und danach in wenigen Wochen ein Mammutprogramm zu absolvieren hatte, übernommen. Er behielt als einziger die Nerven und machte so wahnsinnige Sachen, wie gegen Freiburg zehn neue Spieler im Vergleich zum vorigen Spiel auf den Platz zu schicken, was es so in der Bundesliga noch nie gegeben hatte. Lohn: Ein grandioser 3:0-Sieg mit dieser Ib-Mannschaft und eine dicke Zigarre nach dem Nicht-Abstieg!

Dass er jetzt gehen muss und Bobic ihm in der Pressekonferenz nicht mal die Rückkehr zu seiner geliebten U-16-Mannschaft garantierte, ist einfach nur schäbig und zeigt, dass es offenbar persönliche Animositäten zwischen Bobic und Dardai gab. Genauso, wie es freundschaftliche Bindungen, die auch schwäbisch-landsmannschaftlicher Art sein können, zwische Bobic und dem neuen Übungsleiter Korkut zu geben scheint. Aber sind alte Freundschaften eine Qualifikation für einen Job, in dem Millionengehälter gezahlt werden?

Wenn Taifun Korkut, dessen bisherige Trainerkarriere eher von der Zensur “4 minus” beschrieben wird, den Umschwung schafft, das heißt, sowohl erfolgreichen als auch ansehnlichen Fußball spielen zu lassen, hat Bobic sein Pokerspiel gewonnen. Wenn nicht, d.h. wenn die Kontinuität in der Trainerfrage so fortgesetzt wird, dass nach dem 23. Spieltag ein nächster Fußballleher verpflichtet werden muss, sollte man vielleicht über eine Rückkehr von Michael Preetz nachdenken…

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