Erinnerungen an 1971…

Lutz Rosenzweig schrieb sinngemäß in der Nachbetrachtung zum Spiel Hertha BSC gegen Arminia Bielefeld am letzten Spieltag der Saison 1970/71, das die Ostwestfalen überraschend gegen den Tabellendritten Hertha mit 0 : 1 gewannen, dass man an ein verschobenes Spiel glauben könnte, wenn es nicht die Hochachtung gegenüber jedem einzelnen Sportsmann in den Reihen der Herthaner verbieten würde. Lutz Rosenzweigs düstere Ahnung trog nicht, wohl aber seine Einschätzung in Bezug auf die Charaktere der Spieler.

Das Spiel gegen Fortuna Düsseldorf erinnerte auf merkwürdige Weise an die Vorkommnisse vom Mai 1971. Die Spieler haben sich damals wie heute ja nicht fünf Bälle selber ins Tor gelegt, sondern mitgespielt. Aber eben nicht richtig. Eher wie in einem Freundschaftsspiel oder im Abschlusstraining vor einer WM, in dem sich niemand mehr verletzen möchte. Auch wenn Trainer Dardai behauptet, dass alle Werte wie Laufleistung und Zweikampfführung für Hertha sprächen, kann man daran nur wieder einmal bestätigt sehen, wie Statistiken lügen können. Wenn in einem Spiel, in dem jeder Mitwirkende doppelt motiviert sein und wegen der 1:4-Hinspielniederlage und dem 0:5-Dabakel in Leipzig auf Wiedergutmachung brennen muss, bis auf Per Skjelbred alle Spieler wie sediert über den Platz schleichen, könnte man schon an Böses denken. Allerdings weiß heute jeder Bundesligaspieler, die ja im Durchschnitt über eine Million Euro (brutto) Jahreseinkommen haben, dass man auch in noch so tollkühnen Wettmanipulationen niemals ein Äquivalent für eine zerstörte Karriere gewinnen kann. Andererseits liegt der alte Skandal so viele Jahrzehnte zurück, dass es gar nicht überraschen würde, wenn einige ganz Dumme glauben, dass sie klüger als alle anderen sind, denn jede Generation macht ihre eigenen schlechten Erfahrungen neu…

Um es klarzustellen: Für Wettbetrug gibt es nicht die geringsten Anhaltspunkte, bis auf das weichgespülte, uninspirierte Gekicke vom Sonnabend. Klar ist jetzt auch, dass das Saisonziel nicht mehr erreicht werden kann, denn der neunte Platz ist schon unerreichbar weit entfernt. Kann wenigstens die Rückrunde besser als im letzten Jahr absolviert werden? 19 Punkte holte Hertha im vorigen Jahr (Hinrunde 24), was 43 Punkte ergab. Auch in dieser Saison holte Hertha mit teilweise begeisterndem Fußball 24 Hinrundenpunkte. Um besser zu sein, müsste Hertha also noch 9 Punkte einfahren, was in der Addition 44 Zähler ergäbe. Bei Heimspielen gegen Hannover und Stuttgart und einem Auswärtsspiel gegen Augsburg (die sich gegen den Abstieg zerreißen werden) auf dem Papier machbar, wenn man davon ausgeht, dass in Hoffenheim und Frankfurt sowie beim traditionellen 2:6 zum Saisonabschluss gegen Leverkusen nichts zu holen sein wird.

Aber wer weiß: Vielleicht gibt es ja schon in Hoffenheim, wo nun wirklich alles für eine (hohe) Hertha-Niederlage spricht, eine positive Überraschung…Wie sagte einst Hall-of-Fame-Trainerlegende Sepp Herberger: „Die Leute gehen zum Fußball, weil sie nicht wissen, wie das Spiel ausgeht…“

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