Die Regelauslegung des passiven Abseits‘

Pech für Hertha: Der Videoassistent entschied im Spiel gegen Hoffenheim, dass Nico Schulz im passiven Abseits stand, als ein Flankenschuss in seine Richtung abgegeben wurde, weil er das Spielfeld verlassen hatte. So weit, so eindeutig. Als Niclas Stark den Ball stoppte (hätte er ihn ins Aus durchrutschen lassen, hätte es Einwurf für Hertha gegeben) ergab sich eine neue Spielsituation, sodass Schulz wieder ins Spiel eingreifen konnte. Entscheidend ist, ob er das Spielfeld wieder betrat, bevor Stark den Ball berührte (dann wäre aus seinem passiven nämlich ein aktives Abseits geworden) oder erst danach. Wenn man das Fernsehbild im Einzelbildmodus laufen lässt, erkennt man, dass beide Vorgänge (also Starks Ballberührung und Schulz’ Platzbetreten) gleichzeitig ablaufen, also eine Hundertstelsekundenentscheidung. Insofern lagen Schiedsrichter und Videoassistent nicht falsch. Fraglich ist nur, ob der Sinn der Regel richtig angewandt wurde. Nico Schulz hat sich, als er sich von hinten aus dem Aus in Starks Rücken an ihn heranschlich, einen großen Vorteil verschafft. Stark konnte ihn ja erst im letzten Moment sehen und das Bein, das Schulz’ Schienbein traf, wollte eigentlich den Ball schlagen, den dieser aber Sekundenbruchteile vorher weggespitzelt hatte. Schulz hat also einen doppelten Vorteil gegenüber dem Herthaspieler gehabt: Zuerst wurde nicht Abseits gepfiffen und dann durfte er „hinterlistig“ denn Ball erobern. Das kann nicht der Sinn der Regel sein!

Nur zur Erinnerung: Als Hertha im Frühjahr 2010 die Aufholjagd gegen den Abstieg startete (und am vorletzten Spieltag verlor) wurde im Heimspiel gegen Borussia Dortmund ein Tor von Theofanis Gekas nicht anerkannt, weil er bei einer Flanke, die in den Strafraum kam, im Abseits stand, passiv wohlgemerkt, weil er an den Ball nicht herankam. Nachdem ein Dortmunder Spieler den Ball berührt hatte, schoss Gekas den Ball ins Tor, das nicht gegeben wurde, weil angeblich aus dem passiven ein aktives Abseits wurde. Entsprechend dem “Fall“ Schulz hätte man sagen müssen: „Neue Spielsituation!“  Hertha spielte 0:0 gegen Dortmund und verlor zwei wichtige Punkte im Abstiegskampf. So ändern sich die Zeiten! Oder soll man sagen: So ändern sich die Regeln? Oder soll man sagen: Es kommt drauf an, gegen wen eine bestimmte Regel ausgelegt wird…?

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