Wie sagte doch der große Fußball-Weise Pal Dardai: „Fußball besteht zu 30 % aus Glück“ Oder aus Pech, könnte man genauso sagen, wenn man das Glück nicht auf seiner Seite hat.
Natürlich ist es Pech, dass der Siegtreffer Japans gegen Spanien offensichtlich irregulär war. Natürlich ist es Pech, wenn man gegen Costa Rica dreimal Pfosten oder Latte trifft. Es hat auch mit Pech zu tun, wenn man zwanzig (gegen Japan) oder dreißig (gegen Costa Rica) Torschüsse kreiert und die Bälle überall hin, aber nicht ins Tor gehen. Hier kann man jedoch schon mal einwerfen, dass zum Pech auch die fehlende Fähigkeit kommt, zu finalisieren, wie es neudeutsch so schön heißt. Das ist ein Phänomen, das die Nationalmannschaft nicht erst seit gestern mit sich herumschleppt. Das war schon gegen Südkorea 2018 der Fall. Genauso sind die Gegentreffer gegen Japan und Costa Rica keinesfalls mit Pech zu begründen, sondern mit einer Abwehr, die seit mindestens sechs Jahren fast immer wacklige Phasen hatte, ausgerechnet im Spiel gegen Spanien allerdings nicht, was zeigt, dass es, theoretisch zumindest, auch ginge. Fehlende Konzentration gegen vermeintlich Schwächere? Fehlende internationale Klasse? Letztlich nicht zu analysieren, da können die Verantwortlichen nach der WM lange diskutieren.
Apropos Verantwortliche. Da sind sie wieder alle da, die neunmalklugen Besserwisser. Flick muss zurücktreten, weil er ständig in der Abwehr rotiert und Füllkrug nicht einsetzt. Bierhoff muss zurücktreten, weil der Bindenrummel der Mannschaft die Konzentration geraubt hat. Muss der Chefkoch eigentlich auch zurücktreten? Es ist nicht bewiesen und nicht beweisbar, dass, wenn Flick und Bierhoff anders gehandelt hätten, die Mannschaft anders gespielt hätte. Geht ein Ball ins Tor statt knapp darüber (Musiala: mindestens fünf Mal), wenn es statt Eierkuchen Rührei gibt? Bzw., wenn statt Müller Füllkrug daneben steht? Es ist alles Spekulation.
Und wie anders wären die Kommentare gewesen, wenn die deutsche Mannschaft, die ja beileibe nicht so schwach wie 2018 in Russland gespielt hat, das Achtelfinale erreicht hätte! Bei gleicher Leistung wäre die Bewertung eine völlig andere gewesen. Dass Spiele nur und ausschließlich vom Ergebnis her beurteilt werden, ist ein Phänomen im Journalismus (und bei den „Fans“), das zwar dem Zeitgeist entspricht, nicht aber dem Verständnis des Bloggenden vom Fußball.
Eins ist aber klar: Deutschland ist nicht umsonst momentan nur 11. der Weltrangliste. Die Zeiten, wo ein Einzug ins Halbfinale einer WM sozusagen Standard war, sind lange vorbei. Die Ergebnisse der Mannschaft gegen Gegner der internationalen Spitze sind seit langem nur mäßig. Insofern war das Gerede über den angepeilten fünften Stern nur Pfeifen im Wald. Das Achtelfinale hätte durchaus erreicht werden können, aber ob man gegen Marokkos pfeilschnelle Konterspieler eine Chance gehabt hätte, wird leider immer unklar bleiben.
Ein kleiner Trost für Statistiker: Deutschland ist die beste der 16 ausgeschiedenen Mannschaften. Besser als Dänemark (FIFA-Rang 10) und auch besser als Belgien (FIFA-Rang 2). Und besser als die pausierenden Italiener sowieso.
Und in der „ewigen“ WM-Rangliste ist Deutschland nach wie vor glorreicher Zweiter. Nur, dass diese Zeiten eben schon fast ein Jahrzehnt zurückliegen. Man sollte sich nicht auf den Meriten von anno dazumal ausruhen…