Arme Sky-Reporter

Sky-Reporter zu sein ist offensichtlich nicht einfach. Man muss die Ware Fußball verkaufen, darf sie also nicht schlecht machen, auch wenn jeder sieht, was für ein Grottenkick gerade abläuft. Beim Spiel Hannover gegen Hertha am Freitagabend hatte Torsten Kunde diese Probleme nicht. Es war ein, den (Abstiegskampf-) Umständen entsprechend, recht flottes Spiel, bei dem Sportkamerad Kunde zwar übersah, dass Kalou im Strafraum umgegrätscht wurde, obwohl dies viele Zeitlupen seiner fleißigen Kollegen Kameramänner mehr als deutlich zeigten, sich ansonsten aber wohltuend vom Hertha-Hasser Fritze von Thurn & Taxis unterschied. Ich wunderte mich nur, dass Herr Kunde plötzlich in der zweiten Halbzeit die Sportart wechselte, als er mich, als einen Euro Sky-Zuschlag im Feuchten Grafen zahlenden Zuseher, ansprach und fragte, ob ich früher auch bei den Ali-Kämpfen mitten in der Nacht aufgestanden sei. Wenn die Kommunikationsrichtung nicht so furchtbar einseitig gewesen wäre, hätte ich dies mit Begeisterung bejaht und von der Flasche Wodka berichtet, die in Ermangelung anderer Getränke beim Kampf Ali gegen Foreman alsbald aufgebraucht war (wir waren zu viert), wobei ich nicht sicher bin, ob Boxexperte Kunde schon Jahre vor seiner Geburt Boxen im TV gesehen hat. Absurd wurde die Frage nach den durchgemachten Ali-Nächten nur, als Kunde sie in Zusammenhang mit einem Boxkampf zwischen den Herren Floyd Mayweather und Manny Pacquiao erwähnte, der demnächst stattfinden soll und angeblich der Kampf des Jahrhunderts wird. Abgesehen davon, dass ich beide Namen noch nie gehört habe, was aber nichts bedeutet, da ich nicht zu den größten Experten des internationalen Boxsports zähle, habe ich mich ein bisschen für Herrn Kunde fremdgeschämt. Wie gesagt: Der Sky-Reporter muss eine Ware verkaufen, aber den großen Ali mit irgendwelchen Boxern überhaupt auf eine Stufe zu stellen, ist ein journalistischer Fehlgriff. Zugegeben: Der arme Torsten Kunde muss es ja tun, sonst landet er über kurz oder lang noch bei ARD oder ZDF. Da könnte er zumindest kritische Kommentare absondern. N`Abend allerseits…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert