Halbzeit-Weltmeister

Was die deutsche Nationalmannschaft (die sich seit einiger Zeit nicht mehr „Die Mannschaft“ nennen darf, obwohl genau das von allen Beteiligten ständig gefordert wird, nämlich dass das Team, die Mannschaft und nicht der Einzelne, im Mittelpunkt zu stehen habe) in der ersten Halbzeit im Nations-League Rückspiel gegen Italien ablieferte, war eines kommenden Weltmeisters würdig. Nicht ohne Grund wurde sie als die beste Halbzeit seit dem legendären 7:1 gegen Brasilien 2014 (Halbzeitstand 5:0) bezeichnet. Obwohl man einen Weltmeistertitel nie planen kann, weil ja z.B. nicht gegebene Handelfmeter für ein vorzeitiges, ungerechtes Aus sorgen können, wäre die deutsche Mannschaft in dieser Form ernsthafter Mitfavorit – wie früher eigentlich immer, bis die unliebsamen Erfahrungen in Russland und Katar für ein Ende des stets selbstverständlichen Halbfinaleinzugs sorgten. Aber als Außenseiter spielt es sich natürlich viel angenehmer, man frage mal die Dänen. Das hatten die deutschen Spieler wahrscheinlich auch im Hinterkopf, als sie in der zweiten Halbzeit nicht nur den Bleifuß vom Gaspedal nahmen, sondern versuchten mit gezogener Handbremse zu spielen. Das quietschte merkwürdig und man kam nicht nur nicht auf Touren, sondern fuhr sogar rückwärts und handelte sich eine 0:3-Halbzeit ein. Insgesamt also ein Warnschuss und ein Abgeben der Favoritenstellung. Und außerdem muss sich die Mannschaft (wir nennen sie ohne Anführungszeichen weiterhin so) erstmal für die WM in Mexiko, Kanada und den USA qualifizieren. Da warten, dem Einzug ins Halbfinalturnier der Nations-League sei Dank, Nordirland (nicht zu unterschätzen), die Slowakei (Kategorie: Machbar) und Luxemburg (Außenseiter) auf Deutschland. Die Qualifikation gegen diese Gegner hätte wahrscheinlich auch Erich Ribbeck hinbekommen. Der Fußballweise Loddar Matthäus lässt keine Ausrede gelten: Deutschland muss die Gruppe gewinnen. Darauf hätte man auch ohne den furiosen Sturmlauf der ersten 45 Minuten im Italien-Spiel eine recht sichere Wette abschließen können. Die Quote dürfte sich allerdings nicht lohnen…

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