Steigt Hertha wieder mal ab?

„Ich mag den nicht!“ sagte meine Frau, bekennende Dardai-Anhängerin, nachdem sie Ante Covic auf seiner ersten Pressekonferenz gehört und gesehen hatte. Typisch weibliche  Anschauungsweise, dachte ich, nur nach Äußerlichkeiten gehen und sich vom Gefühl leiten lassen. Offensichtlich hat sie damals das richtige Gespür gehabt: Die Ausstrahlung, die Aura, alles war nicht zu vergleichen mit dem viereinhalb Jahre erfolgreichen Pal Dardai. Und das ist wahrscheinlich Covics einziger „Fehler“: Er konnte die Spieler offensichtlich nicht so mitreißen, motivieren, auf seine Linie einschwören, wie das zum Erfolg zwingend notwendig ist. Fachlich sind die Trainer heutzutage alle perfekt ausgebildet, mit dem gesamten Trainer- und Betreuerstab wird in jedem Verein eine ähnliche Arbeit geleistet. Unterschiede ergeben sich hauptsächlich aus den finanziellen Möglichkeiten, sich negativ häufenden Kleinigkeiten, die große Auswirkungen haben können (Pfostenschüsse, Eigentore, Schiedsrichterfehler…) und eben der Ansprache des Trainers an die Spieler. Natürlich kann man Covic nicht anlasten, dass gegen Augsburg vier Torhüterfehler zu vier Gegentoren führten, auch der verweigerte Pfiff im Spiel gegen Leipzig wegen eines zwingend zu gebenden Elfmeters (und der verhinderte möglichen Ausgleich) sind nicht seine Schuld. Und jeder weiß, was es bedeutet, in eine Negativ-Spirale zu kommen… Man kann dem guten Ante nichts vorwerfen: Trotzdem merkt jeder, dass eine grundlegende Änderung bei Hertha nötig ist, um sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf des Tabellen-Kellers zu ziehen.

In dieser Situation scheint ein Motivator wie Jürgen Klinsmann genau derjenige zu sein, der der Alten Dame helfen kann, in die Erfolgsspur zurückzufinden. Denn der Kader ist ja vom Potential her in jedem Fall in der Lage zumindest um die Europapokal-Plätze mitzuspielen (was Dardai zweimal mit schwächerem Kader schaffte!). Das Team mit Nouri, Köpke und Arne Friedrich ist so gespickt mit Kompetenz, dass es schade ist, dass es nur bis zum Saisonende arbeiten soll. Aber, wie Klinsmann sagte, im Fußball ändert sich alles ganz schnell…

Es bleibt die Frage im Raum, ob Hertha nicht schon so viele Punkte verspielt hat, dass ein Abstieg kaum noch zu verhindern ist. Schauen wir in die Statistik:

Bei Herthas letzten Abstiegen hatte der Verein nach zwölf Spieltagen 2009/10 genau 4 Punkte, am Saisonende stieg man mit 24 Punkten ab. 2011/12 hatte Hertha 16 Punkte, um mit 31 Punkten als 16. in die Relegation gegen Düsseldorf zu gehen. Das Ergebnis ist bekannt. Danach lautete Herthas Punktestand nach 12 Spieltagen / 34 Spieltagen und Tabellenstand

2013/14           18 P.    —         41 P.    —         11.Platz

2014/15           14 P.    —         35 P.    —         15.Platz

2015/16           20 P.    —         50 P.    —           7.Platz

2016/17           24 P.    —         49 P.    —           6.Platz

2017/18           14 P.    —         43 P.    —         10.Platz

2018/19           17 P.    —         43 P.    —         11.Platz

Man sieht, man kann mit mehr als 11 Punkten nach 12 Spieltagen durchaus absteigen, es gab aber in jeder Saison viele Vereine, die weniger als 11 Punkte hatten und nicht abstiegen. Beispiele?

Stuttgart hatte 2009/10 nach 12 Spieltagen 10 Punkte, um am Saisonende mit 55 Punkten 6. zu werden. 2011/12 hatte Freiburg 10 Punkte, am Ende wurde man mit 40 Punkten 10. Kaiserslautern stand bei 11 Punkten 2010/11, um mit 46 Punkten noch 7. zu werden. Dutzende weitere Beispiele können wir uns sparen. Man sieht: Alles ist möglich.

Wenn Klinsmann als Chef den Aufschwung hin bekommt und im nächsten Jahr dann wirklich Nico Kovac nach seiner Auszeit übernehmen sollte, wird vielleicht alles gut werden.

Am besten wird am kommenden Wochenende Dortmund geschlagen. Dann brauchen die aber einen neuen Trainer…

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