Logik nach Monsieur Platini

Es gibt sie noch, die kreativen Denker und Lenker! Einer davon ist der linke Stadiondauernachbar (von vorne gesehen) von Frau Merkel, der sich immer dann vor Freude auf die Schenkel schlägt, wenn Deutschlands Gegner ein Tor schießt (von der UEFA-Zensur striktes Veröffentlichungsverbot der Bilder), der ehrenwerte Monsieur Platini. Weil er irgendeine nach dem Verzehr von mehreren Flaschen Champagner abgeschlossene bizarre Wette zu laufen hat, dass er in der Lage sei, noch verrücktere Ideen in die Welt zu setzen als Chief Josef Blatter, soll nun die Europameisterschaft (auch „Euro“ genannt, was offensichtlich Werthaltigkeit demonstrieren soll!!!) 2020 in zwölf oder dreizehn verschiedenen Ländern Europas stattfinden! Genial. Das erinnert mich an Groucho Marx alias Rufus T. Firefly als Hoteldirektor, dessen erste Amtshandlung das nächtliche Vertauschen sämtlicher vor die Türen zum Putzen herausgestellter Schuhe war (ein Service, den es wohl nur noch ab sieben Sternen aufwärts gibt). Auf die entrüstete Warnung eines Angestellten, dass das doch ein totales Chaos am nächsten Morgen gäbe, sagte Marx alias Platini:“Aber bedenken Sie den Spaß, den wir haben werden!“ Die Fußballwoche (Nr. 27) zitiert Platini mit den Worten, es „ist doch einfacher von London nach Paris oder Berlin zu kommen, als von Cardiff nach Danzig.“ Wir wissen nicht, was Waliser und Polen von den freundlichen Anspielungen auf ihre unterentwickelte Infrastruktur halten, wir finden, dass man die Spiele (nach neuem, auf 24 Mannschaften aufgeblähtem Modus immerhin 54 Partien!) auch gleich nach Australien verlegen könnte, vorzugsweise im Dezember, wenn bei uns in der Winterpause Langeweile herrscht und dort im Südsommer nur selten die 50-Grad-Marke überschritten wird.

Interessant auch die in nacheilendem Gehorsam abgesonderten Begründungen von Theo Zwanziger, seines Zeichens Mitglied der UEFA-Exekutive für eine „All over Europe-Euro“: „So hätte Italien sicherlich eine EM verdient, aber im Augenblick ist der italienische Staat nicht in der Lage, selbst nur ein neues Stadion zu finanzieren.“ Eine wahrhaft philosophische Erörterung steht hier an: Alle wie viele Jahre hat der Mensch eigentlich einen Anspruch auf ein neues Stadion? Offensichtlich geht Herr Zwanziger (und sein Bankettfreund Platini) davon aus, dass dreißig Jahre eine Zeitspanne sind, die ein solches Bauwerk kaum überstehen kann. Natürlich gibt es viele Beispiele modernen Bauens, die ihm absolut Recht geben, man denke an das Münchener Olympiastadion, oder noch besser, an das bei Wien vor sich hinrottende Kernkraftwerk Zwentendorf, das schon vor der Einweihung entgültig stillgelegt wurde (beide Bauwerke stehen aber noch !). Aber um konkret zu werden: Könnte es nicht sein, dass der gemeine Fußballfan die Stadien, die uns alle noch von der 1990-er WM als architektonisch so wunderbar gelungen in Erinnerung sind (Turin!, Bari!!, Genua!!!, Mailand!!!!), noch einmal zu einer EM benutzen könnte, vielleicht nachdem man ein paar neue Pissbecken installiert und drei Flutlichtbirnen ausgewechselt hat? Das Collosseum hat seine zweitausend Jahre auf dem Buckel und wäre nach einigen chirurgischen Eingriffen in einem halben Jahr einsatzbereit. Wenn auch heute nicht mehr ganz so werthaltig gebaut wird, wie zu den damaligen, technisch fortgeschrittenen Zeiten: Wer (außer der Baumafia) braucht eigentlich Wegwerf-Stadien im 20-Jahres-Rhythmus? Aber die überall aus dem Boden schießenden, gesichtslosen neuen Fußballwürfelarenen sind eigentlich ein anderes Thema…

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