Ist Herthas Auswärts- und Rückrundenschwäche zu erklären?

In der vorigen Saison hatte Hertha 50 Punkte, davon 18 auswärts. Bisher hat Hertha 43 Punkte, davon 9 auswärts (die man schon nach 13 Spieltagen hatte). Bei zwei noch ausstehenden Auswärtspartien kann man das Vorjahresergebnis also nicht mehr erreichen. Die sieben Punkte zum Einstellen des Vorjahrespunktestandes sind bei 15 zu vergebenden Punkten noch drin, es wird aber eng werden. Wie ist diese Entwicklung, die auch in früheren Jahrzehnten häufig zu beobachten war, zu erklären?

Grundsätzlich muss man sagen, dass Hertha auswärts fast immer Probleme hatte. Hertha war meist eine „Heimmannschaft“, auch als sie in den Siebzigerjahren zweimal Dritter und einmal Vizemeister wurde. Das Olympiastadion war oft, entgegen der angeblich stimmungstötenden Atmosphäre, eine feste Burg, der auch Bayern München mehrmals zum Opfer fiel.

Im konkreten Fall kommen sicher einige Faktoren zusammen. Wenn es erstmal eine Negativserie gibt, verkrampft man unterbewusst und Fußball ist ja, laut Ernst Happel, zu 80% Kopfsache. Sehr wesentlichen Anteil hat auch die Verletztenmisere: Lustenberger, Stark, Duda, Darida (gesperrt) und Mitchell Weiser sind von einer Mannschaft, die seit Jahren mit am wenigsten Investitionsmöglichkeiten hat, nicht zu kompensieren. Vor allem Weiser, dessen Vorstöße gerade bei Auswärtsspielen viel bewirken können, fehlt extrem.

Weiterer Gesichtspunkt, der sowohl die Auswärts-, als auch die Rückrundenschwäche zumindest zum Teil erklären kann, ist Herthas Art Fußball zu spielen. Entsprechend der Handschrift von Trainer Dardai, der selber ja ein Kämpfer vor dem Herrn war, „arbeitet“ die Mannschaft Fußball und „spielt“ ihn eher selten. Daraus folgt aber eine körperliche Belastung, die der relativ kleine Kader (wenn man von fünf Nachwuchsspielern absieht) nicht ohne Weiteres eine ganze Saison durchhalten kann. Ob die Fitnesstrainer ihr Augenmerk auf diese Tatsache legen und das Training entsprechen dosieren, kann von außen nicht beurteilt werden. Zweifel sind aber, vor allem wegen der überdurchschnittlich vielen Muskelverletzungen, angebracht. Konzentrationsschwächen sind die Folge, die dann auch zu Toren führen können. Jeweils ein kleiner Aussetzer führte zu 0:1-Niederlagen gegen Mönchengladbach und Mainz (obwohl beide Spiele auch weitaus höher hätten verloren gehen können). Man muss von Glück reden, dass Hertha die Europa-League-Quali vergeigte, weitere acht Spiele bis zum Winter hätten die Mannschaft sicher in Abstiegsregionen befördert.

So bleibt also für die Zukunft nur zu hoffen, dass der Kader etwas breiter aufgestellt wird und das spielerische Element verstärkt wird. Vielleicht reduzieren sich dann Einbrüche in der Rückrunde und Schwächen in Auswärtsspielen von ganz allein.

Trotz allem: Noch ist Hertha Fünfter, ein Ergebnis mit dem vor der Saison niemand gerechnet hat. Alles Jammern erfolgt also in echt berlinischer Manier auf höchstem Niveau…

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