Gegen die Bayern war das Stadion zum ersten Mal in dieser Saison ausverkauft. Da schätzungsweise 20.000 Münchener bzw. deren sächsische oder Berliner Event-Fans das Unentschieden bejubeln konnten, waren etwa 55.000 Herthaner dabei. Das passt in die Zuschauerstatistik der letzten Jahre, die besagt, dass, unabhängig von Wetter, Tabellenstand, vorherigem Auswärtsergebnis, Ferienzeit oder Adventsshoppingtag, zwischen 40.000 und 50.000 Zuschauer ins Stadion kommen, mal etwas mehr, mal etwas weniger. Die Gründe sind bekannt und nicht zu ändern, weshalb alle Diskussionen um Stadionneubau, englischsprachige Website und Leitbilder und das „Mitnehmen“ der jungen Generation letztlich bedeutungslos sind: Gegen Live-Übertragungen, für viele unbezahlbare Preise (trotz attraktiven Dauerkartenangeboten), langsamem Aussterben der alten „Westberliner“ und den zeitrafferartigen Bevölkerungsaustausch ist kein Kraut gewachsen.
Trotz allem ist der Zuschauerschnitt Herthas mit ca. 48.000 nicht schlecht, es sei denn, man stellt den Vergleich mit Dortmund, München und Gelsenkirchen in den Vordergrund.
Dass früher alles anders und weiß Gott nicht immer besser war, zeigt eine kleine Rückblende ins Jahr 1977. Wie die FuWo in ihrer Rubrik “Vor 40 Jahren“ jüngst berichtete, verlor Hertha im 2. Spiel der Rückrunde als Tabellenvierter in Gladbach mit 1:2. Zum darauffolgenden Heimspiel gegen Duisburg erschienen deshalb gerade 12.600 Zahlende, die eine 2:4 Niederlage der Herthaner ansehen mussten. Im wenige Tage später stattfindenden Nachholspiel gegen den KSC kamen sage und schreibe nur noch 5.150 Zuschauer, um Herthas 1:1 zu sehen. Heute unvorstellbar! Es war, wie Lutz Rosenzweig, auch ohne damals vorhandenes Internet, wie immer statistisch voll auf der Höhe, recherchierte, im 177. Bundesligaheimspiel Herthas die 7. Begegnung mit weniger als 10.000 Zuschauern. Da damals Merchandising und TV-Einnahmen keine Rolle spielten und sich die Vereine fast ausschließlich über die Eintrittsgelder finanzierten, verschärfte sich Herthas wie immer prekäre finanzielle Lage erheblich. Nicht zuletzt deshalb mussten in den nächsten Jahren wichtige Spieler verkauft werden (Beer, Weiner, Sziedat…) was 1980 folgerichtig zum Abstieg führte.
Allerdings sei gesagt: Auch beim folgenden Hertha-Spiel bei Bayern München, das sehr ehrenwert mit 0:1 verloren wurde, verliefen sich nur 15.000 Zuschauer im zugigen Münchener Olympiastadion unter dem formschönen Zeltdach…