Zwei Testspiele kurz vor der WM, eins davon gegen Österreich verloren, im anderen nach grenzwertigem Einsatz von Hummels in der Nachspielzeit knapp am Unentschieden gegen Saudi Arabien vorbeigeschrammt: Weltmeisterliche Form sieht anders aus. Aber man kennt das ja. Oft hat eine deutsche Nationalmannschaft schwache Vorbereitungen gehabt (2014 unentschieden gegen Polen und Kamerun, 2006 gegen Italien 1:4 und gegen Japan 2:2…) und sich später im Turnier erheblich gesteigert. So wird es auch diesmal sein. Aber ob es zur Titelverteidigung reicht? Was dafür spricht: Das Turnier findet in Europa statt, was bedeutet, dass voraussichtlich eine europäische Mannschaft gewinnen wird (es gab erst zwei Ausnahmen: 1958 in Schweden: Brasilien und 2014 in Brasilien: Deutschland). Weiterhin spielen noch viele Weltmeister in der Mannschaft, was ein eingespieltes, erfahrenes Team bedeutet. Dazu kommt, dass die Italiener nicht dabei sind, um Deutschland rauszukicken, wohl aber die Engländer, die wir im Elfmeterschießen besiegen könnten. Außerdem hat sich Reus bisher nicht verletzt (wobei unklar ist, ob man das positiv oder negativ zu bewerten hat).
Dagegen spricht allerdings, dass eine deutsche Mannschaft noch nie den Titel verteidigte. 1958 nach dem Berner Triumph wurde man Vierter, 1978 schied man in der zweiten Finalrunde aus und 1994 war gar im Viertelfinale gegen Bulgarien Endstation. Wenn man so will eine Abwärtsspirale, die eigentlich ein Aus im Achtelfinale (gegen die Schweiz??? oder gleich gegen Brasilien???) oder gar in der Gruppenphase bedeuten würde. Dafür gäbe es allerdings keine Parallele. Bisher hat sich noch jede deutsche Mannschaft für die k.o-Spiele oder eine zweite Gruppenrunde qualifiziert. Und obwohl die Schnelligkeitsdefizite der deutschen Abwehr auch gegen Saudi-Arabien erschreckend oft deutlich wurden, wird die Erfahrung die Schwächen eine zeit lang kompensieren. Nur für das Finale dürfte es diesmal nicht reichen. Aber wäre das wirklich so schlimm? Man sollte die Kölner fragen: Man muss auch jönnen können…