Nun gut, vergessen wir unser dummes Geschwätz von gestern, wird sich Michael Preetz im Angedenken an Konrad Adenauer selig gedacht haben, und legen wir Jos Luhukay nicht den Arbeitsvertrag mit unbegrenzter Laufzeit, sondern die Kündigung vor. Natürlich ist der Trainer schuld, wenn die Mannschaft in der 90. Minute einen 4:2-Vorsprung verspielt (gegen Frankfurt), wenn Peter Niemeyer die Orientierung verliert und Richtung eigenes Tor dribbelt (vorm 0:5 gegen Hoffenheim), wenn Hosogai aus 1,37 m Entfernung gegen den Pfosten statt ins Tor köpft (gegen Leverkusen)… Der Trainer ist immer schuld, also wird er entlassen. Die Fakten sind natürlich: Im gesamten Jahr 2014 und zu Anfang 2015 hat Hertha eine katastrophale Bilanz. Spielerisch geht wenig bis nichts, ständig wird gewechselt (nicht nur wenn Verletzungen dies bedingen), es gibt Lieblingsspieler (Ndjeng), die trotz überwiegend schwacher Leistungen immer wieder gebracht werden, junge Spieler werden übertrieben kritisiert (Brooks machte gegen Bremen genau einen einzigen Fehler, der zwar zu einem Tor führte, spielte sonst aber äußerst konzentriert und souverän) und fast alle der neun (!) Sommertransfers, die der Trainer ja zumindest absegnet, wenn nicht gar veranlasst, sind Flops.
Aber trotzdem: Herthas Erfahrung in der Bundesligageschichte lehrt, dass ein Trainerwechsel nur ein Mal einen Abstieg verhindert hat (2004 mit Hans Meyer). Weder Fiffi Kronsbein (1980) noch Rudi Gutendorf und Jürgen Sundermann (1986), Pal Csernai, Peter Neururer und Karsten Heine (1991), Friedhelm Funkel (2010) oder Michael Skibbe und Otto Rehhagel (2012) konnten einen Abstieg verhindern. Insofern kann man, wenn die Statistik Recht hat, Michael Preetz schon jetzt zum dritten Abstieg seiner noch jungen Managerkarriere gratulieren. Aber noch ist nicht aller Tage Abend…
Immerhin war Jos Luhukay, unter dessen Regie die Mannschaft in der Hinrunde 2013/2014 so begeisternden Fußball gespielt hat (6:1 gegen Frankfurt, 2:1 in Dortmund als Höhepunkt) zweieinhalb Jahre Hertha-Trainer, eine Zeitspanne die nicht vielen in den letzten fünfzig Jahren vergönnt war. In der ewigen Tabelle der Hertha-Trainer nimmt er nun mit 87 Punktspielen einen ehrenvollen fünften Platz ein. Länger als er waren nur Helmut Kronsbein (311 Spiele), Jürgen Röber (206), Falko Götz (105) und Sir Georg Kessler (102) im Amt. Vierundzwanzig Fußballlehrer durften die Blau-weißen für 77 bis 4 (Skibbe) Spiele betreuen.
Auch die „Luhukay-raus“-Schreihälse werden sich später gerne an den netten Herrn aus Holland erinnern…