54-74-90-14: Erkenntnisse vom 12.6.2014: Das Eröffnungsspiel und das Farbfernsehen

Die Geschichte der Eröffnungsspiele bei Fußball-Weltmeisterschaften ist eine Geschichte von gnadenloser Langeweile und Pein! Die große Mehrzahl der zwölf Eröffnungsspiele, die ich bis zum heutigen Tage freiwillig über mich ergehen ließ, seit ich am 11. Juli 1966 erstmals live dabei sein durfte (England-Uruguay 0:0), bestach durch jegliches Fehlen fußballerischer Ideen, Tempo, Spiellaune und Leidenschaft und war fast ausschließlich durch ein einziges Charakteristikum gekennzeichnet: Angst, nackte Angst vor dem Verlieren! 0:0, 1:0 oder 1:1 waren die vorherrschenden Ergebnisse. Einige Spiele, wie das 2:1 von Brasilien gegen Schottland 1998 oder der Sommermärchen-Auftakt 2006, als Deutschland Costa Rica 4:2 schlug, waren rühmliche Ausnahmen dieser dunklen Serie.

Die Krone setzte allem das Eröffnungsspiel zur so hinreißenden Weltmeisterschaft 1970 auf, als sich Mexiko und die UdSSR gegenüberstanden, wobei dieser Ausdruck wörtlich zu nehmen ist, da beide Mannschaften derartig gelähmt von der Ehre und der Verantwortung waren, dass ein Tor in diesem Spiel einfach fehl am Platze gewesen wäre. Wenn dieses Spiel in den USA von mehr als zwanzig Personen verfolgt wurde, könnte man die Abneigung gegenüber dem Fußballsport der meisten US-Amerikaner endlich verstehen und nachvollziehen.

Das bei weitem Wichtigste war aber, dass dieses Spiel trotz des grausamen Niveaus entscheidend zur Verbreitung des Farbfernsehens beigetragen hat.

Beide Mannschaften spielten in weißer Hose, Mexiko in grünem Trikot und grünen Stutzen, die UdSSR in rotem Trikot und roten Stutzen, so dass auf den damals 90% Schwarzweiß-Fernsehgeräten zweiundzwanzig identisch gekleidete Spieler durchs knöcheltiefe Gras des Aztekenstadions liefen und nicht zu unterscheiden waren. Da es bei dem folgerichtigen 0:0 keinen Spielfluss gab, an dem man eventuell Spieler und Mannschaften hätte erkennen können, machte das Spiel für Millionen und Abermillionen zur grausamen Farce.

Auch in der Distanz fallen mir zu meinem Vater nicht allzu viele positive Erinnerungen ein. Aber dass er, haustechnisch meist auf einem guten Standard, bereits 1970 einen Farbfernseher gekauft hatte und uns die Quälerei des Eröffnungsspiels zumindest visuell erträglich gestaltete, werde ich ihm für immer hoch anrechnen…

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