Menschen, die sich überschätzen

Es gibt sie im Management großer Konzerne, es gibt sie weit verbreitet unter den Autofahrern, es gibt sie bei Menschen, die Gitarre spielen und dazu unsägliche Texte absondern und es gibt sie natürlich auch in der Branche der Fußballlehrer: Menschen, die sich überschätzen.
Der neue Trainer von Union Berlin, Norbert Düwel, scheint auch dazu zu gehören. Er wurde geholt, um nach der in der letzten Saison ausfransenden Dienstzeit von Uwe Neuhaus einen neuen Anfang zu machen und frischen Wind in die Bude zu bringen. Statt durchzulüften entfacht Herr Düwel aber einen Tornado, der das in langen Jahren sorgfältig, mit Augenmaß aufgebaute Gebilde Union zum Einsturz bringen kann. Dass zwei bereits gekündigte Spieler wieder in den Kader aufgenommen wurden: geschenkt. Dass taktische Grundformationen an neue Erfordernisse angepasst werden sollten: auch in Ordnung. Aber dass aus Prinzip alles anders gemacht wird, als in der vorigen Saison, ist nicht nur nicht zielführend, sondern ausgesprochen dumm und Ausdruck jener oben angesprochenen maßlosen Selbstüberschätzung eines bisherigen Co-Trainers, der meint, sein Wechsel zu einem Zweitligaverein sei ein Akt der Gnade.
Zugegeben: Torsten Mattuschka ist langsam, übergewichtig, manchmal renitent und zu Wochenbeginn nach dem einen oder anderen Kaltgetränk bestimmt nicht immer bester Laune. Aber trotzdem ist er mit169 Zweitligaspielen, 42 Toren und unzähligen Torvorlagen der beste Spieler Unions in den letzten Jahren und eine Identifikationsfigur für alle Fans der Rot-Weißen. Wenn Düwel diesen Mann ohne Not, weil er angeblich nicht in sein wie auch immer geartetes taktisches Konzept passt, ausbootet, spielt er mit dem Feuer. Ein guter Trainer bastelt sich sein System um die Spieler, die er im Kader vorfindet und ergänzt diesen Jahr für Jahr nach seinem Geschmack und seinen Ideen. Ein schlechter Trainer macht sich von Anfang an Feinde um irgendeine undefinierbare Autorität zu demonstrieren. Wenn Düwel damit Erfolg haben sollte, was unwahrscheinlich ist, hat er alles richtig gemacht. Wenn er damit scheitert, und danach sieht es nach zwei Unentschieden in der Liga und einem Pokal-Aus in der ersten Runde aus, könnte Herr Düwel noch im Laufe dieser Saison wieder irgendwo einen Co-Trainerposten bekleiden…

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